Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Verzicht auf Rechte aus der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Verzichtet der Vermieter im Zusammenhang mit einer vergleichsweisen Zahlungsvereinbarung über Mietrückstände darauf, aus der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs Rechte herzuleiten, so bleibt dem Mieter die Möglichkeit erhalten, die Unwirksamkeit einer späteren fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs durch Zahlung innerhalb der sog Schonfrist herbeizuführen.

 

Gründe

(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die wegen Zahlungsverzuges ausgesprochene fristlose Kündigung v. 29. 12. 1994 zum 15. 1. 1995 wurde nachträglich gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB dadurch unwirksam, daß der Beklagte am 17. 3. 1995 den Zahlungsrückstand samt aufgelaufener Zinsen bezahlte, nachdem ihm die vorliegende Räumungsklage ausweislich der Postzustellungsurkunde am 17. 2. 1995 zugestellt worden war. Die Kläger sind damit im Sinne der zitierten Bestimmung bis zum Ablauf eines Monats nach Rechtshängigkeit hinsichtlich des fälligen Mietzinses nebst Nebenkosten befriedigt worden. Das machte die zunächst nach § 554 Abs. 1 BGB wirksam gewesene fristlose Kündigung nachträglich unwirksam.

Entgegen der Ansicht des AG Bremen steht der Anwendung des § 554 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB nicht Satz 2 der gleichen Bestimmung entgegen. Der Satz 2 läßt zwar die Wirkung des §554 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB dann nicht eintreten, wenn der Kündigung, die durch nachträgliche Zahlung wirkungslos werden soll, in den vorangegangenen zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist.

Diese Voraussetzungen liegen hier zwar vor, die Kläger können sich hierauf aber nicht berufen.

In der Vergangenheit hatte es wegen des geschuldeten Mietzinses zwischen den Parteien schon wiederholt Schwierigkeiten gegeben, weil zwischen ihnen streitig war, ob und wie hoch der Beklagte wegen Feuchtigkeit der Wohnung mindern konnte. Es sind deswegen zwei Zahlungsprozesse geführt worden. Wegen Zahlungsrückstandes haben die Kläger auch bereits schon einmal innerhalb des 2-Jahres-Zeitraumes - am 16. 6. 1993 - fristlos gekündigt. Sie haben diesen Anspruch aber nicht weiter verfolgt, insbesonders keine Räumungsklage erhoben. Das allein reicht für sich zwar noch nicht aus, um die Voraussetzungen des § 554 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB zu verneinen, denn die Kündigung wird nicht nur dann unwirksam, wenn vor der vollständigen Zahlung des Rückstandes Räumungsklage erhoben war. Die Rechtshängigkeit der Räumungsklage ist lediglich der Zeitpunkt, in dem die Ausschlußfrist für die Wirkung der Rückstandstilgung (Wegfall der Kündigung) zu laufen beginnt. Ist keine Räumungsklage erhoben, dann läuft lediglich diese Ausschlußfrist nicht, die Rechtswirkungen der Rückstandszahlung im übrigen treten aber unabhängig davon ein (RE des KG v. 5. 3. 1984 in WM 1984, 93f.). D. h., die Kündigung v. 16. 6. 1993 war durch die nachträgliche Zahlung des Rückstandes, über den die Parteien sich verglichen haben und der mehr als zwei Monatsmieten ausmachte, nachträglich unwirksam geworden, obwohl der Vergleichsbetrag erst ratenweise nach geraumer Zeit getilgt war. Grundsätzlich wäre deshalb innerhalb des 2-Jahres-Zeitraumes bei erneuter fristloser Kündigung wegen Zahlungsrückstandes eine nochmalige Heilung gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB nicht möglich gewesen. Hier liegt aber die Besonderheit vor, daß die Kläger nicht den nachträglichen Wegfall der Kündigungswirkung einfach hinnahmen, sondern sie ganz bewußt "darauf verzichteten, aus der fristlosen Kündigung Rechte herzuleiten, da sie der Hoffnung waren, daß angesichts der Einigung über den Zahlungsrückstand nunmehr eine ordnungsgemäße Abwicklung des Mietverhältnisses gewährleistet sein würde". Das haben die Kläger durch ihre Prozeßbevollmächtigten in dem Kündigungsschreiben v. 29. 12. 1994 wörtlich vortragen lassen.

Diese Konstellation hat der Gesetzgeber mit § 554 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB nicht schützen wollen. Mit dieser gesetzlichen Regelung sollte für den Vermieter, dessen ursprünglich wirksame Kündigung ohne sein Zutun und gegen seinen Willen unwirksam geworden ist, ausgeschlossen werden, daß er diese Kündigungsheilung innerhalb eines Zeitraums von 2 Jahren ein weiteres Mal hinnehmen muß. Für diese Einschränkung der Rechtsfolge besteht aber dann kein Bedarf, wenn die Durchsetzung eines Räumungsanspruchs nach einer Kündigung wegen Zahlungsrückstandes aus Gründen unterbleibt, die nicht der Mieter gegen den Willen des Vermieters herbeigeführt hat, sondern die - wie hier - auf einem freiwilligen Verzicht des Vermieters auf die Durchsetzung seiner Rechte aus der Kündigung (v. 16. 6. 1993) beruhen (so auch LG Berlin MDR 1992, 479 f.). Der Kläger/Vermieter hätte nämlich durch Erhebung der Räumungsklage den Lauf der Ausschlußfrist von einem Monat ohne weiteres in Lauf setzen können. Unabhängig von dem späteren Zahlungsvergleich wäre die Wirksamkeit der Kündigung nämli...

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