Entscheidungsstichwort (Thema)

Videoüberwachung. Persönlichkeitsrecht. Kameraattrappe

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beseitigung einer auf das Nachbargrundstück gerichteten Kamera kann auch dann verlangt werden, wenn damit keine Videoaufnahmen gefertigt werden bzw. gefertigt werden können, da der beim Nachbarn erzeugte “Überwachungsdruck” einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründet.

 

Normenkette

BGB §§ 1004, 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Urteil vom 04.08.2004; Aktenzeichen 116 C 150/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 04.08.2004 – 116 C 150/2004 – abgeändert:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die im Dachfenster ihres Hauses angebrachten Kameras bzw. die aus zwei Gehäusen mit Objektiven bestehende Installation zu beseitigen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.500, – EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien, die Eigentümer zweier benachbarter Hausgrundstücke in I… sind, streiten um die Zulässigkeit von zwei in einem Dachfenster des Hauses der Beklagten installierten Kameras.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 108 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die auf Beseitigung der Kameras gerichtete Klage durch das dem Kläger am 06.08.2004 zugestellte Urteil vom 04.08.2004 abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nicht fest, dass die Beklagten mit der Installation der Kameras auf ihrem Grundstück in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingreifen würden. Nach den Feststellungen des Sachverständigen seien die Kameras jedenfalls im Zeitpunkt der Begutachtung nicht auf das Grundstück des Klägers gerichtet gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass die Kameras zu einem anderen Zeitpunkt auf das Grundstück des Klägers gerichtet gewesen seien, seien nicht feststellbar. Zwar könne die Kameraeinstellung nach den Feststellungen des Sachverständigen so verändert werden, dass Vorgänge auf dem klägerischen Grundstück beobachtet und aufgenommen werden könnten. Hierin liege jedoch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Streitfalles noch kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, da die Beklagten ein erhebliches Interesse daran hätten, ihr Grundstück zu überwachen und vor Übergriffen zu schützen. Denn aus den von den Beklagten zu den Akten gereichten Lichtbildern ergebe sich, dass es auf ihrem Grundstück zu erheblichen Beschädigungen durch Unbekannte gekommen sei.

Mit der am 30.08.2004 eingelegten und mit am 17.09.2004 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Beseitigungsbegehren weiter.

Er beantragt,

in Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu verurteilen, die im Dachfenster ihres Hauses in I… angebrachten Kameras bzw. diejenige Installation, die wie Kameras aussehe, zu beseitigen

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen vor: In der Nacht vom 14.07.2004 auf den 15.07.2004 sei in das Haus in I… eingebrochen worden, wobei die streitgegenständlichen Kameras sowie der PC, an welchen diese angeschlossen gewesen seien, entwendet worden seien, was unstreitig ist. Darauf hin hätten sie zwei Gehäuse mit zwei Objektiven angebracht, die von außen optisch den Eindruck einer Kamera machen würden. Mit diesen könnten im derzeitigen Zustand jedoch keine Aufnahmen gefertigt werden, da die Platine fehle und die Gehäuse nicht an einen PC angeschlossen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Urkunden und Unterlagen sowie den Inhalt des am 04.08.2004 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Siegburg ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Das angefochtene Urteil war insgesamt abzuändern.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Beseitigungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB zu, ohne dass es darauf ankommt, ob die ursprünglich vorhandenen, funktionsfähigen Minikameras zwischenzeitlich durch eine aus zwei mit Objektiven versehenen Gehäusen bestehende Installation, mittels derer Videoaufnahmen nicht hergestellt werden können, ersetzt worden sind. Der Kläger hat das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten konkludent bestritten. Dies ergibt sich daraus, dass er weiterhin die Beseitigung von Kameras bzw. der Installation, die wie Kameras aussieht, begehrt.

Sowohl die Installation der Minikameras wie auch das Aufstellen von mit Objektiven versehenen Gehäuse, die den Eindruck einer funktionsfähigen Kamera erwecken, greift in das nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine...

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