Entscheidungsstichwort (Thema)

Wärmecontracting. Fullcontracting. Outsourcing. Kohleofen. Ölofen. Etagenheizung. Heizzentrale. Modernisierung

 

Leitsatz (amtlich)

Führt während laufenden Mietvertrages der Vermieter eine Modernisierung dergestalt durch, dass statt der bisher von den Mietern gemäß dem Mietvertrag als Selbstversorger mit Kohleöfen, Ölöfen oder Etagenheizung durchgeführten Beheizung erstmals die Versorgung aller Mietwohnungen mit Heizenergie und Warmwasser durch eine Heizzentrale erfolgt, die der Vermieter durch einen von ihm bestimmten Dritten betreiben lässt, ist der Mieter nicht verpflichtet, mit diesem Dritten einen von diesem inhaltlich bestimmten Vertrag über die Versorgung mit Heizenergie und Warmwasser zu schließen.

 

Normenkette

BGB § 315; GG Art. 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Urteil vom 26.10.2005; Aktenzeichen 6 C 243/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.10.2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn – 6 C 243/05 – abgeändert und wie folgt neugefasst:

Es wird festgestellt, dass die Kläger nicht verpflichtet sind, mit der Firma E… GmbH, C-Straße, in H… einen Versorgungsvertrag für Heizwärme und Warmwasser abzuschließen.

Es wird weiter festgestellt, dass die Kläger nicht verpflichtet sind, mit der Firma E… GmbH, C-Straße, in H… einen Vertrag über die Lieferung und Abrechnung von Wasser sowie die Abrechnung der Entwässerungsgebühren zu schließen.

Die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger begehren die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, mit der Firma E… GmbH einen Versorgungsvertrag betreffend Heizwärme und Warmwasser sowie einen Vertrag über die Lieferung und Abrechnung von Wasser und die Abrechnung der Entwässerungsgebühren für die von ihnen bei der Beklagten angemietete Wohnung abzuschließen.

Hintergrund für die Aufforderung durch die Beklagte zum Abschluss dieser Verträge ist eine durchgeführte Modernisierungsmaßnahme, im Rahmen derer auch für das von den Klägern bewohnte Objekt eine Heizzentrale errichtet worden ist, durch welche die Heizwärme- und Warmwasserversorgung erfolgt. Zuvor waren die Kläger seit der Anmietung der Wohnung im Hinblick auf die Heizwärme- und Warmwasserversorgung “Selbstversorger”, weil die diesbezügliche Energieversorgung mietvertraglich nicht in den Leistungsbereich der Beklagten fällt.

Wegen des Vorbringens der Parteien in der I. Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit dies die in Abrede gestellte Verpflichtung der Kläger betrifft, einen Vertrag über die Lieferung und Abrechnung von Wasser sowie die Abrechnung der Entwässerungsgebühren abzuschließen. Im übrigen hat es unter Abweisung der weitergehenden Klage auf den Hilfsantrag der Kläger festgestellt, dass diese berechtigt sind, im Falle von Leistungsstörungen bei der Versorgungs mit Heizwärme und Warmwasser durch die Firma E… GmbH, ihre mietrechtlichen Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen.

Zur Begründung der Klageabweisung hat das Amtsgericht im wesentlichen darauf abgestellt, dass die Beklagte berechtigt sei, die Kläger auf die Firma E… GmbH hinsichtlich der Heizwärme- und Warmwasserversorgung zu verweisen. Die Übertragung der Wärmelieferung auf die Firma E… GmbH (Fullcontracting) sei nach der durchgeführten Modernisierungsmaßnahme auf der Grundlage von § 315 BGB möglich. Die Leistungsbestimmung durch die Beklagte entspreche im Streitfall mit Rücksicht auf die finanziellen Folgen der Umstellung und die in Aussicht genommene Vertragslaufzeit billigem Ermessen. Auch das sonstige von der Firma E… vorgegebene Vertragswerk enthalte keine unbillige Benachteiligung der Kläger, die einer Abschlusspflicht entgegen stehen könnte.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der diese ihre erstinstanzlichen Anträge vollumfänglich weiterverfolgen, soweit das Amtsgericht die Kage abgewiesen hat.

Sie machen geltend, dass im Streitfall ihre Zustimmung zur Vergabe der Versorgungsaufgabe an Dritte erforderlich gewesen wäre, mangels deren Erteilung eine Pflicht zum Abschluss eines Versorgungsvertrages mit der Firma E… GmbH nicht bestehe. Ihnen sei bei einem Kontrahierungszwang die Freiheit genommen, sich den Vertragspartner für die Energielieferung frei auszuwählen. Ein solcher Einschnitt in die Vertragsfreiheit sei weder durch das Leistungsbestimmungsrecht aus § 315 BGB gedeckt, noch aufgrund der meitvertraglichen Regelungen gerechtfertigt. Insbesondere seien aufgrund der vorgegebenen Mindestvertragsdauer von 10 Jahren, der nicht absehbaren Energiepreisentwicklung und des Insolvenzrisikos des Contractors erhebliche Benachteiligungen gegeben, die einer Pflicht zum Vertragsabschluss entgegegen stünden.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil – soweit die Klage abgewiesen worden ist – unte...

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