Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Entscheidung vom 18.08.2011; Aktenzeichen 55 C 39/11)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 18.08.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 562,60 € gem. §§ 677, 681 Satz 2, 667 BGB aus Geschäftsführung ohne Auftrag.

Zwischen den Parteien besteht kein Vertragsverhältnis, da der Beklagte allenfalls im Auftrag des Versicherungsnehmers gegebenenfalls in Untervollmacht des Hauptbevollmächtigten Rechtsanwalt H tätig geworden ist.

Der Beklagte ist verpflichtet, das erhaltene Geld bis zur Höhe des geleisteten Vorschusses auszuzahlen.

Er hat ein fremdes Geschäft für die Klägerin geführt, ohne dazu beauftragt zu sein, indem er die Festsetzung der Anwaltskosten beim Sozialgericht beantragt und die entsprechende Zahlung der Bundesagentur entgegengenommen hat, soweit diese 562,60 € nicht übersteigt. Er ist daher passivlegitimiert, ohne dass es darauf ankäme, ob das Mandat durch den Versicherungsnehmer der Klägerin ausschließlich Rechtsanwalt H erteilt worden ist. Jedenfalls im Kostenfestsetzungsverfahren ist er als Verfahrensbevollmächtigter des Versicherungsnehmers aufgetreten.

Dieses Geschäft war für den Beklagte objektiv fremd i.S. des § 677 BGB. Fremd ist ein Geschäft, das zu dem Rechtskreis eines Anderen gehört. Die Geltendmachung und Entgegennahme der Zahlungen im Jahr 2006 ist dem Rechtskreis der Klägerin zuzuordnen, weil sie zum damaligen Zeitpunkt Inhaberin der Kostenerstattungsansprüche ihres Versicherungsnehmers gewesen ist. Denn nach § 67 VVG a.F., geht ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf "Ersatz des Schadens gegen einen Dritten" auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den "Schaden" ersetzt. Auf den Vertrag zwischen Versicherungsnehmer und Klägerin findet gemäß Art. 1 Abs. 1, 2 EGVVG das VVG in der Fassung bis zum 31.12.2007 Anwendung. Der § 67 VVG a.F. entspricht ohne inhaltlicher Änderung dem § 86 VVG. § 67 VVG gilt auch für die als Schadensversicherung zu betrachtende Rechtschutzversicherung (Prölss in Prölss/Martin, § 86 Rdnr. 3). Er bezieht sich nicht nur auf Schadensersatzansprüche im engeren Sinne, sondern ist weit auszulegen und umfasst auch andere Ansprüche wie solche auf Kostenerstattung gegen die unterlegene Prozesspartei (OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.06.2007 - 5 U 482/06).

Bereits mit der Klageerhebung erwarb der Versicherungsnehmer einen aufschiebend bedingten Kostenerstattungsanspruch gegen die Bundesagentur (BGH, Urteil vom 22-05-1992 - V ZR 108/91). Die Bedingung ist mit der Kostenregelung in dem Vergleich eingetreten. Mit dem geleisteten Vorschuss hat die Klägerin ihrem Versicherungsnehmer "einen Schaden ersetzt".

Der Fremdheit des Geschäfts steht nicht entgegen, dass der Beklagte im Rahmen der Beitreibung von Kostenerstattungsansprüchen zugleich in seiner Funktion als Anwalt für den Versicherungsnehmer oder als Unterbevollmächtgte im Auftrag des Hauptbevollmächtigten Rechtsanwalt H tätig geworden ist. Eine Geschäftsbesorgung für einen anderen kann auch dann vorliegen, wenn der Geschäftsführer zur Besorgung des Geschäfts einem Dritten gegenüber verpflichtet ist (OLG Saarbrücken: Urteil vom 06.06.2007 - 5 U 482/06).

Bei einem objektiv fremden Geschäft wird der Fremdgeschäftsführungswille vermutet und wurde nicht widerlegt.

Den Betrag von 562,60 € hat der Beklagte gem. §§ 677, 681 Satz 2, 667 BGB aus der Geschäftsführung erlangt. "Erlangt" sind alle Sachen und Rechte, die der Geschäftsführer auf Grund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat. Das ist die auf dem Konto der Kanzlei eingegangene Geldsumme. Der innere Zusammenhang besteht, da die Bundesagentur als Kostenschuldnerin ihre Pflicht aus dem Vergleich erfüllen wollte.

Der Forderungsübergang wurde auch nicht durch ein Abtretungsverbot verhindert. Zwar gelten die Einschränkungen des § 399 BGB gemäß § 412 BGB nach h. M. auch für § 86 VVG/§ 67 VVG a. F., jedoch wird der Übergang nur verhindert durch eine Vereinbarung des Dritten mit dem Versicherungsnehmer, durch die die Abtretung ausgeschlossen ist. Durch die Vereinbarung zwischen dem Versicherungsnehmer und Rechtsanwalt H ist aber allenfalls die Abtretung von Ansprüchen aus dem zwischen diesen beiden bestehenden Mandatsverhältnis ausgeschlossen. Der Kostenerstattungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen die Bundesagentur für Arbeit ist davon ersichtlich nicht umfasst.

Der Anspruch der Klägerin ist auch fällig.

Die Fälligkeit erfordert nicht, eine Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherungsnehmers und Mandanten. Die Klägerin hat auch ohne eine solche Erklärung Anspruch auf Zahlung des Betrages.

Mit dem Übergang des Anspruchs des Manda...

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