Nachgehend

OLG Hamm (Urteil vom 21.11.2007; Aktenzeichen 20 U 64/07)

 

Tenor

  • 1)

    Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten unterhaltene Krankenversicherungsvertrag, Nr. 0039/07 440 749 E 00, mit der zum 01.03.2004 festgesetzten Versicherungsprämie in Höhe von monatlich 641,02 EUR fortbesteht - zuzüglich für die ursprüngliche Versicherungstarifsgruppe seitdem erfolgter ordnungsgemäßer Erhöhungen - und der Rücktritt der Beklagten vom 26.07.2004 unwirksam ist.

  • 2)

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.420,46 EUR zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.05.2006;

  • 3)

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 205,94 EUR zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2004.

  • 4)

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von der Zahlung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 305,95 EUR freizustellen;

  • 5)

    Im Übrigen wird die Klage im Hinblick auf den weitergehenden Zinsanspruch abgewiesen.

  • 6)

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von 7.467,80 EUR zu tragen.

  • 7)

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Wirksamkeit des Rücktritts der Beklagten von einem Krankenversicherungsvertrag.

Der Kläger, der bereits seit dem 01.05.1999 eine private Krankenversicherung bei der Beklagten unterhielt, beschloss Anfang 2004, auch seine Ehefrau und die beiden gemeinsamen Kinder bei der Beklagten privat zu versichern. Am 23.02.2004 beantragte der Kläger daher bei der Beklagten den Abschluss einer entsprechenden, erweiterten privaten Krankenversicherung. Der Versicherungsantrag wurde vom Versicherungsagenten der Beklagten, Herrn T., aufgenommen, der mit dem Kläger und dessen Ehefrau gemeinsam den Antrag ausfüllte.

In dem Antragsformular der Beklagten wurden u. a. folgende Gesundheitsfragen gestellt:

"3. Bestehen Krankheiten, Behinderungen, Beschwerden oder Folgen von Krankheiten bzw. Verletzungen? Besteht eine Schwangerschaft? [...]

7. Haben in den letzten 5 Jahren ambulante Untersuchungen, Beratungen oder Behandlungen durch Ärzte, Heilpraktiker oder sonstige Therapeuten stattgefunden, oder bestanden Krankheiten, Behinderungen oder Beschwerden, die nicht behandelt worden sind?"

Die vorgenannten Fragen beantwortete der Kläger und die zu versichernde Ehefrau des Klägers - ausweislich des Antragsformulars - zu 3. und 7. mit "Nein". Angegeben wurde im Weiteren lediglich, die Schwangerschaft der Ehefrau des Klägers und die Geburt per Kaiserschnitt sowie eine Nasenkorrektur. Tatsächlich hatte die Ehefrau des Klägers zumindest im Oktober 1999 die Ärztin Dr. G aufgesucht. Bei der Ehefrau des Klägers besteht zudem eine Thalassämia Minor.

Die Beklagte nahm den Antrag des Klägers auf Abschluss der Krankenversicherung an und policierte unter dem 02.03.2004. Der monatlich vom Kläger zu zahlende Betrag wurde auf insgesamt 641,02 EUR festgelegt.

Im April 2004 reichte der Kläger bei der Beklagten eine Rechnung der Ärztin Frau Dr. G. über 205,94 EUR zwecks Übernahme ein. In dieser Rechnung werden Leistungen vom 08. und 26.03.2004 abgerechnet. Als Diagnose wurde auf der Rechnung unter anderem Thalassämia minor, Mineralstoffmangel und Eisenmangel vermerkt. Die Beklagte zog daraufhin bei Frau Dr. G. Erkundigungen ein.

Mit Schreiben vom 26.07.2004 erklärte die Beklagte sodann gegenüber dem Kläger den Rücktritt vom Vertrag. Diesen begründete sie damit, dass sie erst jetzt Kenntnis davon bekommen habe, dass bei der Ehefrau des Klägers eine Stoffwechselerkrankung (Thallasaemia) bestand und deshalb 1999 und 2003 entsprechende Untersuchungen durchgeführt worden seien. Außerdem sei auch erst jetzt bekannt geworden, dass die Ehefrau im anzeigepflichtigen Zeitraum wegen Eisenmangels behandelt worden sei.

Die Beklagte bot nach einer weiteren Prüfung dem Kläger an, den Versicherungsvertrag für eine um 115,26 EUR erhöhte Prämienleistung weiter zu führen. Der Kläger, der aufgrund des Rücktritts derzeit mit seiner Familie über keinen Versicherungsschutz verfügte, akzeptierte dieses Angebot schließlich unter Vorbehalt mit Schreiben vom 16.09.2004.

Der Kläger behauptet, es habe wegen der Thalassaemia minor bei seiner Frau in den letzen 15 Jahren keinen Behandlungsbedarf gegeben. Auch der Eisenmangel seiner Frau sei nicht durch diese hervorgerufen worden. Im Hinblick auf den Eisenmangel habe Behandlungsbedarf ausschließlich aufgrund der Zwillingsschwangerschaft bestanden.

Der Kläger meint, der Rücktritt der Beklagten vom Krankenversicherungsvertrag sei unwirksam, da es an einem Rücktrittsgrund fehle. Weder bei der Thallassaemia minor noch bei dem Eisenmangel handele es sich um einen anzeigepflichtigen Umstand.

Der Kläger behauptet dazu, weder Thallassaemia minor noch Eisenmangel seien für die Übernahme der Gefahr durch die Beklagte erheblich gewesen. Dies...

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