Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Anbau eines überdachten Balkons als Modernisierungsmaßnahme. Wohnraummiete: treuwidriges Rückbauverlangen des Mieters

 

Orientierungssatz

1. Grundsätzlich ist die Schaffung eines Balkons als Modernisierungsmaßnahme i.S.d. § 554 Abs. 2 BGB anzusehen, da sie den Wohnwert der Wohnung hebt. Somit ist auch eine Überdachung, die Teil der Balkonanlage ist, eine Modernisierung.

2. Ist die Modernisierungsmaßnahme vom Mieter zu dulden, kann er nach Treu und Glauben nicht den Rückbau verlangen, wenn die Duldungspflicht nicht zunächst vom Vermieter gerichtlich durchgesetzt wurde.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am ... verkündete Urteil des Amtsgerichts ... - ... -, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, wie folgt geändert und neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 53% und die Beklagte 47% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 313a ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur hinsichtlich der Klage Erfolg.

1.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Entfernung des Daches zu. Denn insoweit hat die Beklagte wirksam den Vertragsinhalt des Mietverhältnisses geändert. Das Amtsgericht ist unzutreffend davon ausgegangen, dass die Überdachung keine Modernisierung i.S. des § 554 Abs. 2 BGB darstellt.

a)

Denn die Überdachung ist Teil der Balkonanlage. Ohne diese macht die Überdachung überhaupt keinen Sinn. Sie ist nur wegen der Balkonanlage errichtet worden. Da es sich bei der Balkonanlage - in dem Zustand wie sie von der Beklagten errichtet worden ist - um eine Modernisierung handelt, hat sich der Vertragsinhalt insgesamt entsprechend der durchgeführten Modernisierung geändert.

Die Maßnahme der Beklagten ist eine Modernisierungsmaßnahme i.S. des § 554 Abs. 2 BGB. Grundsätzlich ist die Schaffung eines Balkons als Modernisierung anzusehen, da sie den Wohnwert der Wohnung hebt (Schmidt/Futterer-Eisenschmid § 554 Rdnr. 97f; Beuermann a.a.O. Rdnr. 24b). Punkte, die dagegen sprechen werden nicht genannt. Es ist weder ersichtlich, dass der Balkon wegen der Himmelsrichtung oder der Lage der Wohnung nicht sinnvoll nutzbar ist. Die durchaus anzunehmende Verschlechterung der Beleuchtungsverhältnisse in der Wohnung ist noch zumutbar und wird durch die Möglichkeit nach draußen treten zu können aufgefangen. Denn das Dach ist lichtdurchlässig. Mit dem vorgesehenen Eintritt in die Wohnung des Klägers wird sogar die verglaste Fläche erhöht, so dass der Verlust an Lichteinfall durch das Dach zumindest teilweise wieder aufgefangen wird. Würde im Übrigen allein die teilweise eintretende Verschattung gegen einen Balkonausbau sprechen, so könnte ein Balkon fast nie Gegenstand einer Modernisierung darstellen. Dies wird erkennbar nicht vertreten. Im Gegenteil ist ein geräumiger Balkon in allen Mietspiegeln als ein den Wohnwert hebendes Element angesehen worden.

Dass der Kläger insoweit eine andere Auffassung vertritt und den Balkon für unnötig hält und insbesondere lieber kein Dach hätte, ist unerheblich. Entscheidend ist die objektive Verbesserung (Schmidt/Futterer a.a.O., Rdnr. 67). Unerheblich ist auch, ob es technisch auch die Möglichkeit einer anderen Gestaltung gegeben hätte. Es kann unterstellt werden, dass der Balkon auch so konstruiert hätte werden können, dass eine Bedachung nicht notwendig gewesen wäre. Jedoch kann der Vermieter Art und Weise der Modernisierung in den Grenzen des § 554 BGB bestimmen. Die Beklagte hat auch hinreichend dargelegt, welche technischen Vorteile das Dach bietet, insoweit hat sie sich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen.

b)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch den Hinweis der Beklagten bei Vertragsabschluss, es seien keine Modernisierungsmaßnahmen geplant. Denn der Kläger trägt selbst vor, dass der Entschluss für die Durchführung erst nach dem Vertragsschluss stattfand. Eine Vereinbarung dahingehend, dass Modernisierungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden dürfen, haben die Parteien auch nach seinem Vortrag nicht geschlossen.

Eine Härte ist auch im Übrigen nicht festzustellen. Finanzielle Interessen sind nicht unmittelbar betroffen, weil die Beklagte auf eine Mieterhöhung verzichtet hat. Dass die Wohnung nicht mehr sinnvoll nutzbar ist, wird nicht vorgetragen und die Verschattung ist nicht so erheblich, dass dem Kläger eine Modernisierung nicht zumutbar wäre.

c)

Die Änderung des Vertragsinhaltes scheitert nicht schon deshalb, weil der Kläger der Modernisierung insoweit ausdrücklich widersprochen hat und die Beklagte dennoch - ohne die vorherige Durchsetzung ihres Anspruchs - die Balkonanlage errichtet hat.

Aus § 554 Abs. 2 BGB ergibt sich, dass es der Mieter grundsätzlich hinzunehmen hat, wenn der Vermieter einseitig den Vertragsgegenstand ändern möchte, um Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen. Wenn jedoch bei berechtigten Modernisier...

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