Verfahrensgang

AG Berlin-Wedding (Urteil vom 05.06.2002; Aktenzeichen 8a C 26/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 5. Juni 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wedding – 8a C 26/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen,

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Tatbestand

Für das Berufungsverfahren ist gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die Zivilprozessordnung in der seit 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, da die mündliche Verhandlung auf der die angefochtene Entscheidung beruht, nach dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist.

I. Die Berufung ist gemäß § 511 ZPO n.F. statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO n.F. sind erfüllt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin hat aufgrund ihrer fristlosen Kündigung vom 28.11.2001 gemäß § 546 Abs. 1 BGB n.F in Verbindung mit dem Mietvertrag vom 15. Juni 1992 keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Räumung und Rückgabe der streitgegenständlichen Mieträume in der … I. OG, rechts, Wohnung Nr. 4. … Berlin.

Mit Vertrag vom 15. Juni 1992 mieteten die Beklagten die streitgegenständliche Wohnung. Das Mietverhältnis wurde jedoch nicht durch fristlose Kündigung der Klägerin vom 28.11.2001 wirksam beendet.

Die Unwirksamkeit der Kündigung ergibt sich aus den am 1. September 2001 in das BGB inkorporierten Vorschriften des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBL. I S. 1149) Nach den Übergangsvorschriften in Artikel 229 § 3 EGBGB ergibt sich im vorliegenden Fall, in dem die fristlose Kündigung am 28. November 2001 erfolgt ist, keine Ausnahme von dem Grundsatz, dass ab Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes das neue Recht gilt.

Jede Vertragspartei kann nach § 543 Abs. 1 BGB n.F. das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Nach § 569 Abs. 2 BGB n.F. liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 auch vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

In diesem gesetzlichen Tatbestand kommt zum Ausdruck, dass das Zusammenleben einer Mehrzahl von Menschen, die im Einzelfall von unterschiedlicher Herkunft und möglicherweise sogar Kultur sein können, Probleme mit sich bringen kann, wenn nicht alle Beteiligten ein Mindestmaß an Rücksicht gegenüber den anderen Aufbringen. (Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl. 2002, § 543 Rdnr. 16) Betroffen von einer Störung des Hausfriedens sind nicht nur die Vertragspartner, sondern auch sämtliche Mitbewohner des Hauses. Zwar kann nur der Vertragspartner kündigen; jedoch kann er dies auch aus Gründen, die unmittelbar die gestörten Hausbewohner betreffen, weil er diesen gegenüber zur Aufrechterhaltung des Hausfriedens verpflichtet ist (AG Brühl, NJW-RR 1996, 1100; Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl. 2002, § 543 Rdnr. 17). Das Zusammenleben in einem Haus unterliegt dem Spannungsfeld von der Zulässigkeit sozialüblicher Tätigkeiten und dem Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme. (Lammel. Wohnraummietrecht, 2. Aufl. 2002, § 543 Rdnr, 19)

Unter Berücksichtigung dieser der Vorschrift des § 569 Abs. 2 BGB n.F. zugrundeliegenden Motive ergeben sich aus dem klägerischen Vortrag im vorliegenden Fall Anhaltspunkte für eine Störung des Hausfriedens und für Verstösse seitens der Beklagten gegen ihre Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme, wie sie durch die Hausordnung inhaltlich konkretisiert wird. Die Störung des häuslichen Zusammenlebens ergibt sich aus den Schreiben der Klägerin vom 28.10.1997 und 21.09.01, dem Schreiben des Mieters … vom 13.09.01, den Schreiben der Mieter Tiede vom 24.06.01, den Schreibendes Mieters … vom 20.11.01, 8.11.01, 15.01.02 und 24.01.02. Der Hinweis auf ein hellhöriges Haus entschuldigt nicht grundsätzlich, vielmehr muss das Wohnverhalten entsprechend angepasst werden. (Lammel, Wohnraummietrecht. 2. Aufl. 2002, § 543 Rdnr. 21)

Die fristlose Kündigung der Klägerin vom 28.11.2001 genügt jedoch nicht den vom Gesetz vorgesehenen formalen Voraussetzungen. Besteht der wichtige Grund für die Kündigung in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, dann ist eine Kündigung erst nach erfolglosem...

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