Entscheidungsstichwort (Thema)

Haustürgeschäft: Widerrufsrecht gegenüber der Bank bei Immobilienfonds

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Bank, die sich in das Vertriebssystem eines Immobilienfonds einbinden läßt, muß sich die Haustürsituation (Widerrufsrecht) zurechnen lassen.

 

Nachgehend

KG Berlin (Urteil vom 29.11.2005; Aktenzeichen 4 U 158/04)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit insoweit erledigt ist, als die Kläger beantragt hatten, festzustellen, dass sie der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 21./27. März 1996 nicht mehr verpflichtet sind.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 19.482,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Januar 2003 (Rechtshängigkeit) zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte der Kläger an deren Anteil an der D.-Beteiligung Objekt ... - W. F.-KG, Beteiligungs-Nr. ... über 51.129,19 €.

3. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

4. Die Widerklage wird abgewiesen.

5. Auf die Hilfswiderklage werden die Kläger verurteilt, ihren Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens in Höhe von 19.233,09 € betreffend ihre Beteiligung über nominal 100.000,- DM an der D.-Beteiligung Objekt ... - W. F.-KG - (Teilhaberregister-Nr. ...) an die Beklagte abzutreten.

6. Die Kläger haben die Kosten der Verweisung zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last. Die durch die Streitverkündung entstandenen Kosten haben die Streitverkündeten selbst zu tragen.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10% vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Rückabwicklung eines Darlehensvertrages zur Finanzierung einer Beteiligung an einem Immobilienfonds in Anspruch; die Beklagte verlangt nach Kündigung den ausstehenden Darlehensbetrag sowie die Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Zugrunde liegt folgender Sachverhalt:

Die Kläger, die in H., einem Ort oder Ortsteil mit etwa 480 Einwohnern leben, hatten am 1. Februar 1996 beantragt, die im Klageantrag zu 1. genannten Anteile an der „ D.-Beteiligung Objekt ... - W. F.-KG (im Folgenden: ...) zu erwerben. Ferner unterschrieben sie am gleichen Tage auf einem Formular, das dem Prospekt, mit dem für Beteiligungen an dem ... geworben wurde, entnommen wurde, eine Kreditanfrage, gerichtet an die Filiale in Münster der B. Bank AG. In das Formular wurden u. a. die Worte “B. Bank„ handschriftlich eingetragen. Die näheren Umstände, die an diesem Tag zu den Unterschriften der Kläger, die stets die Ortsangabe „H.” beifügten, führten, sind zwischen den Parteien streitig. Am 27. März 1996 unterzeichneten sie den wegen der weiteren Einzelheiten in Bezug genommenen Darlehensvertrag über 100.000,- DM (Ablichtung Bl. 10 ff. Bd. I d. A.). Dem Darlehensvertrag angeschlossen war eine Widerrufsbelehrung, auf die verwiesen wird (Ablichtung Bl. 15 Bd. I d. A.), und die die Kläger mit der Ortsangabe „H.” unterschrieben.

In der Folgezeit erhielten die Kläger hinsichtlich des ...-Fonds Bestätigungen von negativen Einkünften, die sie einkommenssteuermindernd geltend machen konnten, Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 12.728,52 € und erfüllten bis August 2002 die im Darlehensvertrag vom 21./27. März 1996 vorgesehenen Raten für Zins und Tilgung in Höhe von 875,- DM monatlich. Im Ergebnis hatten sie 32.211,39 € gezahlt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. Oktober 2002 ließen die Kläger ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung unter Berufung auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Auslegung des § 5 Abs. 2 HaustürWG nach der Entscheidung des EuGH vom 13. Dezember 2001 widerrufen. Mit Schreiben vom 5. Februar 2003 forderte die Beklagte die Kläger zur Zahlung rückständiger Raten in Höhe von 2.728,13 € bis zum 21. Februar 2003 auf und kündigte die Kündigung des Darlehens an, was am 17. März 2003 mit einer Zahlungsfrist von 10 Tagen erfolgte.

Nach Mitteilung der Streithelferin zu 1 beträgt zum 31. Dezember 2001 im Falle des Ausscheidens der Kläger aus dem ...-Fonds ihr Abfindungsanspruch insgesamt 19.233,09 €.

Die Kläger behaupten, ein Mitarbeiter des A.-dienstes (im Folgenden: ...) habe sie Ende 1995 / Anfang 1996 unaufgefordert angerufen und im Rahmen eines späteren Hausbesuches über die Vorteile einer Beteiligung an dem ...-Fonds und der vollständigen Finanzierung durch die B. Bank AG überzeugt. Er habe ihnen später den Darlehensvertrag zur Unterzeichnung in ihrem Wohnhaus in H. vorgelegt. Die Beklagte habe mit der K.-Consult, einem Unternehmen des W. F., des Initiators des ...-Fonds, im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung abgesprochen, dass und wie die K.-Consult Finanzierungen anbieten könne. Die K.-Consult habe dann Mitarbeiter des ... geschult.

Mit der Klage, die am 22. Dezember 2002 beim Landgericht Lüneburg eingegangen und der Beklagten am 14. Januar 2003 zugestellt worden ist, haben die Kläger die Bekla...

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