Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 14.03.2005; Aktenzeichen 16a C 135/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14. März 2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 16a C 135/04 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung in der … Gartenhaus, 1. OG Mitte rechts, Mietobjekt-Nr.: …, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Innen-WC, Diele, Balkon, Keller zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 501,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß §§ 247, 248 BGB seit dem 22. April 2005 zu zahlen.
  3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  5. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. Januar 2006 gewährt.
 

Tatbestand

I.

Hinsichtlich der tatbestandlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Räumungs- und Herausgabeanspruch in Bezug auf die von der Beklagten innegehaltene Wohnung weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 511 ZPO statthafte und gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgemäß eingelegte Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der innegehaltenen Wohnung gemäß § 546 a Abs. 1 BGB. Die fristlose Kündigung der Klägerin vom 11. November 2003 hat zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt. Der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 3 BGB hat vorgelegen. Die Beklagte befand sich bei Ausspruch und Zugang der fristlosen Kündigung in Verzug mit der Zahlung der Miete in Höhe der dort angegebenen Summe.

Innerhalb von acht auf einander folgenden Monaten hatte die Beklagte die Miete jeweils nicht in voller Höhe gezahlt, so dass ein Verzug mit einer Summe eingetreten war, der das Vierfache einer Monatsmiete überstieg.

Der Verzug war nicht unverschuldet. Nicht ersichtlich ist, dass im Sinne von § 286 Abs. 4 BGB die Zahlung der Mieten in der geschuldeten Höhe aufgrund eines Umstandes unterblieb, welchen die Beklagte nicht zu vertreten hatte. Die Beklagte, die die Voraussetzungen für ein fehlendes Verschulden hätte substantiiert darlegen und gegebenenfalls beweisen müssen (Münchener Kommentar zum BGB/Ernst, 4. Aufl., § 286 Rn. 115), hat dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte dargelegt. Verschulden in diesem Sinne fehlt nur, wenn sich der Mieter mit seiner Auffassung, die Miete nicht oder nicht in voller Höhe zu schulden, in einem entschuldbaren Rechts- oder tatsächlichen Irrtum befunden hat. Ein entschuldbarer Irrtum ist zu bejahen, wenn sich der Schuldner – hier die Beklagte – mit Sorgfalt um die Klärung der zweifelhaften Fragen bemüht hat (BGH NJW 1992, 3296 m.w.N.). So liegt nach Auffassung der Kammer ein zu entschuldigender Rechtsirrtum vor, wenn der Mieter sich in der Höhe der Minderung irrte und zwar bis ums Doppelte, weil die Bestimmung des Umfangs der Mietminderung von vielen Detailfragen abhängt sowie von den Gerichten im Einzelnen unterschiedlich beurteilt wird und deshalb häufig nicht vorab und eindeutig vom Mieter geklärt werden kann, auch wenn er entsprechenden rechtlichen Rat einholt und dabei den Sachverhalt umfassend und zutreffend vorträgt. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Aufgrund des insoweit nicht angefochtenen und rechtskräftig gewordenen Urteils des Amtsgerichts vom 14. März 2005 muss hier vielmehr davon ausgegangen werden, dass überhaupt keine Minderung der Miete vorgelegen hat, weil entweder die behaupteten Beeinträchtigungen nicht bewiesen werden konnten oder die vorgetragenen Umstände keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebrauchs im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB darstellten. Obwohl mithin die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Minderung ungeklärt waren und der Beklagten bekannt war, dass die Klägerin die vorgenommenen Minderungen nicht akzeptierte, hat die Beklagte die Miete im streitgegenständlichen Zeitraum ganz erheblich, nämlich um jeweils 40 % bis 50 % und in zwei Monaten sogar fast vollständig, gemindert, indem sie nur Beträge von 1,69 EUR im September 2003 und von 1,00 EUR im März 2004 zahlte. Dieses ist bei dem hier gegebenen Umfang der Nicht- bzw. Minderzahlung nicht mehr entschuldbar. Denn selbst wenn sich die Beklagte unverschuldet zur Minderung berechtigt hielte, liegt nur dann keine Fahrlässigkeit hinsichtlich der Nichtzahlung vor, wenn es sich um einen angemessenen Betrag handelt (vgl. auch Bamberger/Roth, BGB Kommentar, 1. Aufl. § 543 Rn. 27 m.w.N.). Bei einer sorgfältigen Prüfung der Rechtslage hätte die Beklagte zumindest zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Miete nicht um diese hohen Beträge gemindert war.

Die Beklagte handelte auch deshalb fahrlässig, das heißt ohne die gebotene Sorgfalt, weil sie in Kenntnis dessen, dass die Klägerin die behaupteten Zustände bestritten hatte, nicht dafür Sorge getragen hat, die behaupteten Beeinträchtigungen nachweisen zu können. Dass sie sich insow...

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