Verfahrensgang

AG Berlin-Wedding (Beschluss vom 10.02.1993; Aktenzeichen 21 C 293/92)

 

Tenor

wird auf die Beschwerde der Beklagten der am10. Februar 1993 zu 1.) verkündeteBeschluß des Amtsgerichtes Wedding – 21 C 293/92 – geändert und neu gefaßt:

Der Beklagten wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt … Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

Der Beklagten ist gemäß § 114 ZPO für die erste Instanz Prozeßkostenhilfe zu gewähren. Nach dem Sach- und Streitstand bot ihre Verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg und die Beklagte vermochte die Kosten für die Prozeßführung nicht aus eigenen Mitteln aufzubringen.

Die Behauptungen der Beklagten waren gegenüber dem Vorbringen der Klägerin erheblich. Sie führen zu der rechtlichen Würdigung, daß die Klägerin keinen Herausgabeanspruch aus den §§ 985, 556 BGB hat, weil zwischen den Parteien ein ungekündigtes Mietverhältnis besteht.

I.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Eintritt der Klägerin in das Mietverhältnis schon deswegen erfolgt ist, weil – wie das Amtsgericht angenommen hat – der Mietvertrag zwischen der Beklagten und dem Voreigentümer … zustandegekommen sei. Selbst wenn dieser auf eine bereits von mehreren Kammern des Landgerichtes abgelehnte (LG Berlin ZK 64, GE 87, 2121, 2123: LG Berlin ZK 62, GE 87, 831: LG Berlin ZK 61, GE 87, 91) Entscheidung des Kammergerichtes (KG WPM 84, 254) gestützten Auffassung nicht gefolgt werden sollte, wäre dennoch die Klägerin als in den Mietvertrag eingetreten zu behandeln. Dies ergibt sich aus den Grundsätzen der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Karlsruhe (RES Nr. 1 zu § 571 BGB, Bd. 1 1981, S. 117 ff. … vgl.a. BGH WUM 85, 63).

Richtig ist allerdings, daß nach einhelliger Auffassung § 571 BGB grundsätzlich nur dann Anwendung findet, wenn der veräußernde Eigentümer mit dem Vermieter identisch ist. Anders ist es aber, wenn der Eigentümer die Verwaltung seines Grundstückes einem Dritten überträgt und der Dritte mit Zustimmung des Eigentümers Mietverträge im eigenen Namen schließt. Auch dann kann sich der Mieter gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers gemäß § 986 BGB auf sein Recht zum Besitz berufen (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O., S. 118). Dies ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH WuM 91, 326 ff.) und Bundesverfassungsgericht (BVerfG WuM 91, 422 f.) zum Besitzrecht des Mieters bei Beendigung eines gewerblichen Zwischenmietverhältnisses. Denn wenn der Mieter sich nach Beendigung eines zwischen dem Eigentümer und einem Zwischenmieter geschlossenen gewerblichen Zwischenmietverhältnisses trotz § 556 Abs. 3 BGB auf ein Besitzrecht aus dem mit dem gewerblichen Zwischenmieter geschlossenen (Untermiet)verhältnis berufen kann, kann er sich erst recht auf ein Besitzrecht aus einem mit dem Hausverwalter mit Zustimmung des Eigentümers im eigenen Namen geschlossenen (Haupt) Mietvertrag berufen. Daß die Hausverwaltung … ohne Zustimmung des Voreigentümers gehandelt hätte, wurde von keiner der Parteien behauptet.

Wenn sich der Mieter gegenüber dem Eigentümer auf sein Recht zum Besitz aus einem mit einem Dritten geschlossenen Mietvertrag berufen kann, steht ihm dieses Besitzrecht auch gegenüber dem Erwerber des Eigentums zu (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.). Wäre dies nicht so, wäre zu besorgen, daß wegen der für einen Eigentümer unter Umständen lästigen Mieterschutzbestimmungen künftig nur noch vom Eigentümer Beauftragte im eigenen Namen als Vermieter aufträten und Mietverträge unter Umgehung der Mieterschutzbestimmungen schlicht durch Veräußerung des Grundstückes beendet werden könnten. Dies hat aber zur Konsequenz, daß der Rechtsvorgänger der Kläger – auch dann, wenn er nicht Vermieter ist – i.S.v. § 571 BGB als Vermieter anzusehen ist. Denn der Veräußerer hat dann kein berechtigtes Interesse mehr daran, nicht als Vermieter i.S.v. § 571 BGB behandelt zu werden, wenn er der Vermietung in fremdem Namen zugestimmt hat (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.).

II.

Soweit die Beklagte vorbringt, daß die Klägerin es unterlassen habe, dem Bezirksamt eine Mietstaffel zu übersenden, damit die die Kündigung vom 25. Juni 1992 begründenden Rückstände ausgeglichen werden könnten, und dies das Ausbleiben der Folgemietbeträge zur Folge gehabt habe, ist dieses Vorbringen nicht nachvollziehbar. Unstreitig ist durch das Bezirksamt im Juli 1992 der gesamte Rückstand ausgeglichen worden. Ein Zusammenhang zwischen dem damit irrelevant gewordenen Mietkontenspiegel und dem Ausbleiben der Folgezahlungen ist nicht erkennbar.

III.

Sämtliche Kündigungen sind jedoch unwirksam, weil es an einem Verzug in einer hinreichenden Größenordnung fehlt. Es trifft zu, daß die Beklagte ihre Minderungsansprüche gemäß § 539 BGB verloren hat. Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei der Vereinbarung vom 24. März 1992 nicht um einen erstmaligen Vertragsschluß sondern um eine Umschreibung eines zuvor außer mit der Beklagten mit einem weiteren Mieter bestehenden Mietverhältnisses a...

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