Leitsatz (amtlich)

Die vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung ist auch möglich, wenn die am Insolvenzverfahren teilnehmenden Gläubiger nur teilweise befriedigt werden und die Restforderungen im Übrigen erlassen werden.

 

Normenkette

InsO §§ 299, 213; BGB § 397

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 12.12.2008; Aktenzeichen 39 IK 53/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss aufgehoben. Die Sache wird zur Erteilung der Restschuldbefreiung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Über das Vermögen des Schuldners ist aufgrund des Antrags vom 21. Februar 2005, mit dem sogleich ein Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt ist, mit Beschluss vom 25. August 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zum Treuhänder bestellt worden. Mit Beschluss vom 16. August 2007 stellte das Insolvenzgericht fest, dass der Schuldner die Restschuldbefreiung erlangt, wenn er für die Zeit von sechs Jahren ab Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (Wohlverhaltensperiode) den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach den §§ 297, 298 InsO nicht vorliegen. Zugleich ist der Beteiligte zum Treuhänder für die Wohlverhaltensperiode bestellt worden. Mit Beschluss vom 29. Oktober 2007 ist das Insolvenzverfahren aufgehoben worden. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2007 legte der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners unter Vorlage entsprechender Erklärungen der Gläubiger dar, dass die Gläubiger, die Forderungen angemeldet hatten, mittlerweile befriedigt worden sind. Aus diesem Grund beantragte er die Einstellung des Restschuldbefreiungsverfahrens entsprechend § 213 InsO. In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass es einer Restschuldbefreiung nicht mehr bedarf, wohl aber eines Einstellungsbeschlusses entsprechend § 299 InsO. Mit Schreiben vom 28. Februar 2008 ist sodann beantragt worden, eine vorzeitige Restschuldbefreiung zu erteilen. Beigefügt war diesem Schreiben ein auch von dem Schuldner selbst unterschriebenes Schreiben, in dem der Antrag auf Einstellung des Restschuldbefreiungsverfahrens enthalten war und auch der bereits in dem Schreiben vom 13. Dezember 2007 enthaltene Hinweis auf eine Entbehrlichkeit der Restschuldbefreiung. Diesem Antrag trat das Insolvenzgericht mit dem Hinweis entgegen, dass eine vorzeitige Restschuldbefreiung nur dann in Betracht käme, wenn die Gläubiger vollständig befriedigt worden wären und die Verfahrenskosten ausgeglichen worden wären. Aus den Erklärungen der Gläubiger ergebe sich aber, dass die Forderungen nur teilweise beglichen worden seien. Mit Beschluss vom 3. September 2008 ist das Verfahren dann nach § 213 InsO eingestellt worden. Mit Beschluss vom 12. Dezember 2008 ist der Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung vom 28. Februar 2008 mit dem Hinweis zurückgewiesen worden, dass die vorzeitige Restschuldbefreiung eine vollständige Befriedigung der Gläubiger erfordert hätte. Gegen diese am 15. Dezember 2008 zugestellte Entscheidung hat der Schuldner mit einem am gleichen Tag eingegangen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Insoweit hat er geltend gemacht, dass die Restschuldbefreiung schon deshalb erteilt werden müsse, dass die Gläubiger, die sich ja mit einem Vergleichsbetrag zufrieden gegeben hätten, nicht aufgrund der zur Tabelle eingetragenen ursprünglichen Forderung die Vollstreckung betrieben. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Die Insolvenzordnung sieht zwar keine Regelung vor, in welchen Fällen eine vorzeitige Restschuldbefreiung angeordnet werden kann. Dementsprechend fehlt es auch an einer Regelung, die die Anfechtbarkeit einer Entscheidung über einen derartigen Antrag vorsieht. Da gleichwohl das Bedürfnis anerkannt ist, das Restschuldbefreiungsverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des § 299 InsO vorzeitig zu beenden und damit auch über eine vorzeitige Restschuldbefreiung zu entscheiden, besteht insoweit eine planwidrige Lücke (vgl. dazu BGH NJW-RR 2005, 1363; Braun/Lang, InsO, 3. Aufl., § 299 Rn. 3; Frankfurter Kommentar/Ahrens, InsO, 5. Aufl., § 299 Rn. 9b; Heidelberger Kommentar/Landfermann, InsO, 5. Aufl., § 299 Rn. 5 ff.). Diese ist unter anderem über eine entsprechende Anwendung des § 300 InsO zu schließen (vgl. Frankfurter Kommentar/Ahrens, aaO, § 299 Rn. 9c). Dann aber besteht auch eine Anfechtungsmöglichkeit entsprechend § 300 Abs. 3 Satz 1 InsO. Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist es fristgerecht innerhalb der Frist von zwei Wochen nach den §§ 4 InsO, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingegangen. Die Beschwerdeschrift ist am Tag der Zustellung des angefochtenen Beschluss beim Insolvenzgericht eingegangen.

2. Das Rechtsmittel hat auch Erfolg. Die Voraussetzungen für eine vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung liegen vor. Der Antrag vom 21. Mai 2005 auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist nicht zuvo...

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