Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostentragungslast des Vermieters nach sofortigem Anerkenntnis im Räumungsprozeß

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die Verfahrenskosten der Räumungsklage sind dem Vermieter aufzuerlegen, der trotz Anerkenntnisses des Räumungsanspruchs und vorprozessualen Begehrens einer angemessenen Räumungsfrist den Mieter nach der Eigenbedarfskündigung mit der Räumungsklage überzieht.

 

Tatbestand

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die Beklagten bewohnen aufgrund des schriftlichen Mietvertrages v. 27.4.1989 das im Eigentum der Klägerin stehende Haus. Mit Schreiben v. 6.4.1994 hat die Klägerin den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs gekündigt, da sie die von den Beklagten bewohnte Wohnung für ihre Tochter benötige. Mit Schreiben v. 3.5.1994 haben die Beklagten der Klägerin mitgeteilt, daß sie der Eigenbedarfskündigung nicht widersprächen, jedoch um eine Räumungsfrist bis zum 31.12.1994 bäten. Mit Schreiben v. 9.5.1994 antwortete die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin daraufhin, eine Räumungsfrist werde nicht gewährt, da die Tochter der Klägerin dringend auf die Wohnung angewiesen sei. Nachdem die Beklagten der Klägerin eine Mitteilung ihrer Baufirma überreicht hatten, in der bestätigt wurde, daß die Fertigstellung des Bauvorhabens der Beklagten für Frühjahr 1995 geplant sei, erhob die Klägerin mit Schriftsatz v. 1.8.1994 Räumungsklage. Die Beklagten haben mit Klageerwiderungsschriftsatz v. 15.8.1994 angekündigt, der Räumungsanspruch werde anerkannt; gleichzeitig haben sie beantragt, ihnen eine Räumungsfrist bis zum 31.12.1994 zu gewähren. Dementsprechend haben sie in der öffentlichen Sitzung v. 6.10.1994 den Klageanspruch anerkannt und beantragt, ihnen eine dementsprechende Räumungsfrist zu gewähren. Die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat daraufhin erklärt, die Klägerin sehe sich nicht in der Lage, den Beklagten eine Räumungsfrist zu gewähren; bereits in der Klageschrift sei darauf hingewiesen worden, daß die Wohnung für die Tochter der Klägerin benötigt werde.

Mit am 27.10.1994 verkündetem Teilanerkenntnisurteil und Schlußurteil hat das AG Werl die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, das Haus zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. Den Beklagten ist eine Räumungsfrist bis zum 31.12.1994 bewilligt worden. Die Kosten des Rechtsstreits sind gegeneinander aufgehoben worden. Zur Begründung der Kostenentscheidung ist ausgeführt, da die Beklagten den Räumungsanspruch sofort anerkannt und vergeblich um eine angemessene Räumungsfrist ersucht hätten, erscheine es angemessen, die Klägerin zur Hälfte an den Kosten zu beteiligen.

Gegen die Kostenentscheidung dieses Urteils wenden sich die Beklagten mit ihrer sofortigen Beschwerde. Zur Begründung ist ausgeführt, bei Abwägung der gegenseitigen Interessen sei es im Rahmen des § 93b Abs. 3 ZPO gerechtfertigt, die Kosten des Rechtsstreits insgesamt der Klägerin aufzuerlegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist statthaft gemäß § 99 Abs. 2 ZPO und auch im übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 577 Abs. 2 S. 1 ZPO). Sie ist auch begründet.

Zu Recht hat das AG das Vorliegen der Voraussetzungen des § 93b Abs. 3 ZPO angenommen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Kosten ganz oder teilweise dem Kläger auferlegen, wenn der den Anspruch auf Räumung von Wohnraum sofort anerkennende Beklagte, dem eine Räumungsfrist bewilligt wird, bereits vor Erhebung der Klage unter Angabe von Gründen eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist vom Kläger vergeblich begehrt hatte. Rechtsfolge des § 93b Abs. 3 ZPO ist, daß das Gericht bei der Verteilung der Kosten Ermessen auszuüben hat; das Gericht muß dabei eine Gesamtabwägung der Umstände innerhalb des von der Vorschrift jeweils genannten Rahmens vornehmen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 51. Aufl., § 93b Rn. 21). Die Gesamtabwägung der Umstände führt im vorliegenden Fall dazu, daß es gerechtfertigt erscheint, der Klägerin die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Sinn und Zweck der Vorschrift des § 93b Abs. 3 ZPO ist, die Mietparteien zu einem Gespräch über eine zu gewährende Räumungsfrist zusammenzuführen, in welchem die Interessen beider Parteien gegeneinander abgewogen werden können (vgl. Kammerbeschluß v. 24.8.1992 - 6 T 346/92; LG Hagen NJW 1965, 1491). Sowohl aus dem vorprozessualen Schreiben der Klägerin v. 9.5.1994 als auch aus der Erklärung ihrer Prozeßbevollmächtigten in der Sitzung v. 6.10.1994 ergibt sich jedoch, daß die Klägerin schlechthin nicht bereit war, sich auf eine Berücksichtigung der Interessen der Beklagten an der Gewährung einer Räumungsfrist überhaupt einzulassen; die Klägerin hat beide Male einseitig auf die Interessen ihrer Tochter am Erhalt der von den Beklagten bewohnten Wohnung abgestellt. Beide Male ist nämlich zur Begründung für die Nichtgewährung einer Räumungsfrist darauf hingewiesen worden, die Wohnung werde dringend für die Tochter benötigt.

Diese Weigerungshaltung der Klägerin rechtfertigt es nach Auffass...

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