Rz. 1360

Zusätzlich zur Angemessenheit der Länge der Leistungsfrist ist erforderlich, dass die Frist für den Vertragspartner auch – in der Regel kalendermäßig – bestimmbar ist, um diesem zumindest die Möglichkeit zu geben, sich auf längere Leistungsfristen einzustellen.[2771] Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob eine Klausel ausreichend "bestimmt" ist, ist folglich, ob ein "Durchschnittskunde ohne Schwierigkeiten und ohne rechtliche Beratung sowie ohne gerichtliche Entscheidung die Fristdauer feststellen kann".[2772]

 

Rz. 1361

Dieses Bestimmtheitserfordernis ist insbesondere dann nicht gewahrt, wenn der Beginn oder das Ende der Frist von einem Ereignis abhängig gemacht wird, auf das der Klauselverwender Einfluss hat (so z.B. von Mitwirkungshandlungen des Verwenders oder der Übersendung einer schriftlichen Annahmeerklärung).[2773] Derartige Klauseln sind nicht nur zu unbestimmt, sie benachteiligen den Vertragspartner auch unangemessen, da sie dem Verwender – begrenzt durch den Tatbestand des Missbrauchs – ermöglichen, die Leistungsfrist auf unbestimmte Zeit hinaus zu schieben.[2774]

 

Rz. 1362

Die Vereinbarung einer "Lieferung erst nach Selbstbelieferung",[2775] einer "Lieferzeit 8 Wochen nach Aufmaß"[2776] oder in einer noch jungen Entscheidung "einer Verlängerung der Bauzeit bei Nichtbegleichung fälliger Abschlagszahlungen"[2777] ist daher von den Gerichten mangels ausreichender Bestimmtheit der Klausel zu Recht für unwirksam erklärt worden. Auch bei relativ kurzen Fristen bzw. Zeitspannen, die eigentlich keine gravierende Belastung für den Vertragspartner darstellen, kann eine Unwirksamkeit der Klausel wegen zu unbestimmter Formulierung in Betracht kommen. Der Vorbehalt "Voraussichtliche Versanddauer: 1–3 Werktage" ist durch das OLG Bremen[2778] aus diesem Grund für unwirksam erklärt worden.

Die Klauseln "Angaben über die Lieferfrist sind unverbindlich, soweit nicht ausnahmsweise der Liefertermin verbindlich zugesagt wurde" und "Angegebene Lieferfristen stellen nur einen Richtwert dar und gelten daher nur annähernd vereinbart (Zirka-Fristen)" sind gleichermaßen unwirksam, weshalb das OLG Hamm den Klauselverwender im Ergebnis wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 11 UWG a.F. (heute Rechtsbruch gemäß § 3a UWG) zur Unterlassung verurteilt hat.[2779]

[2771] Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 8; BGH NJW 1985, 856.
[2772] OLG Köln NJW-RR 2001, 198; BGH NJW 1985, 856; BGH NJW 1989, 1603; WLP/Dammann, § 308 Nr. 1 Rn 50; Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 8.
[2773] WLP/Dammann, § 308 Nr. 1 Rn 52; Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 8.
[2774] BGH NJW 1985, 855; WLP/Dammann, § 308 Nr. 1 Rn 52; BGH NJW 1989, 1602.
[2775] OLG Köln BB 1982, 638.
[2776] OLG Stuttgart NJW 1981, 1105.
[2778] OLG Bremen v. 5.10.2012 – 2 U 49/12, BeckRS 2012, 23327.
[2779] OLG Hamm v. 18.9.2012 – I-4 U 105/12, BeckRS 2012, 25508.

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