Rz. 1

Das lettische Internationale Erbrecht regelt Art. 16 des lettischen Zivilgesetzbuches vom 28.1.1937 (ZGB), welches nach Wiedererlangung der Souveränität Lettlands durch Gesetz vom 7.7.1992 wieder in Kraft gesetzt worden ist. Diese Vorschrift bestimmt für die Erbrechte an einem Nachlass, der sich in Lettland befindet, die Geltung des lettischen Rechts (lex rei sitae).[1] Diese Regelung gilt sowohl für unbewegliches als auch für bewegliches Vermögen. Aus lettischer historischer Sicht gilt also das lettische Belegenheitsrecht.

 

Rz. 2

Die Vorschrift des Art. 16 ZGB könnte man in dem Sinne "allseitig" auslegen, dass das lettische Recht für die Erbfolge des im Ausland belegenen Nachlasses stets auf das Recht am jeweiligen ausländischen Belegenheitsort verweist. Jedoch ist diese Regelung auf von der EU-Verordnung Nr. 650/2012 (ErbVO) erfasste Sachverhalte nicht mehr uneingeschränkt anzuwenden. Die ErbVO findet gem. Art. 83 Abs. 1 ErbVO auch im EU-Mitgliedsland Lettland mit Wirkung auf die Rechtsnachfolge von solchen Personen Anwendung, die am 17.8.2015 oder danach verstorben sind. Die Verordnung bestimmt die allgemeine Zuständigkeit für Entscheidungen in Erbsachen in Art. 4 ErbVO sowie das anzuwendende Recht in Art. 21 ErbVO, wonach grundsätzlich der Ort, an dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, maßgeblich ist, sofern nicht zuvor für die Rechtsnachfolge von Todes wegen eine Rechtswahl gem. Art. 22 ErbVO getroffen wurde. Ohne eine solche werden die in Art. 23 ErbVO beschriebenen erbrechtlichen Sachverhalte von dem nach der ErbVO zu bestimmenden anzuwendenden Recht erfasst (die Erbfähigkeit, die Rechte der Erben, Testamentsvollstrecker und anderer Nachlassverwalter, Nachlassteilung und weitere).

 

Rz. 3

Die ErbVO berührt nicht die innerstaatliche Zuständigkeit der Behörden der Mitgliedstaaten in Erbsachen (Art. 2 ErbVO). In Lettland sind grundsätzlich Notare für Erbsachen zuständig und nur in Ausnahmefällen die Gerichte. Notare erhalten als Ausstellungsbehörde gem. Art. 64 ErbVO die Zuständigkeit für die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses.

 

Rz. 4

Der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der früheren UdSSR geschlossene Deutsch-Sowjetische Konsularvertrag vom 24.4.1959[2] wird in Lettland nicht weiter angewandt, da Lettland nicht Rechtsnachfolger der UdSSR ist.

[1] Ehlers, in: Lettlands Zivilgesetzbuch in Einzeldarstellungen, § 13 3, S. 113, § 14, S. 116.
[2] Siehe hierzu § 1 Rdn 24.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge