Rz. 47

Mit dem Anfall der Erbschaft wird nach lettischem Recht lediglich die Möglichkeit begründet, Erbe zu werden. Zum Erbschaftserwerb bedarf es dann noch einer Erklärung des Berufenen gegenüber dem zuständigen Notar, dass er die angefallene Erbschaft antritt. Eine teilweise Annahme oder eine Annahme, die Bedingungen oder Ausnahmen unterliegt, ist nach Art. 699 ZGB nicht möglich. Das Erfordernis, dass ein Erbe einen ihm testamentarisch eigentlich zugedachten Erbteil oder gar eine ganze Erbschaft annimmt, zeigt die im internationalen Vergleich größte Besonderheit des lettischen Erbrechts auf. In Deutschland hingegen wird von einer Annahme der Erbschaft ausgegangen, sofern nicht ausdrücklich eine Ausschlagung erklärt wird.

 

Rz. 48

Die Annahme der Erbschaft kann nach Art. 691 ZGB entweder ausdrücklich, mündlich oder schriftlich erklärt werden oder auch konkludent durch die faktische Übernahme der Verwaltung des Nachlasses erfolgen.

 

Rz. 49

Es steht einem Berufenen frei, die angefallene Erbschaft anzutreten oder auszuschlagen. Lediglich ein Vertragserbe kann die Erbschaft nicht ausschlagen, wenn er sich dieses Recht nicht ausdrücklich vorbehalten hat (Art. 689 ZGB).

 

Rz. 50

Durch Antritt der Erbschaft gehen alle Rechte und Verbindlichkeiten des Erblassers, soweit sie nicht als höchstpersönliche mit dessen Tode erlöschen, auf den Erben über (Universalsukzession).[6] Es gilt dabei eine unbeschränkte Haftung, d.h., der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten mit dem Nachlass und seinem eigenen Vermögen. Es bestehen allerdings gesetzliche Ausnahmen zu der grundsätzlich unbeschränkten Erbenhaftung. So haftet der Erbe nach Art. 708 ZGB nicht mit seinem eigenen Vermögen, wenn er innerhalb von zwei Monaten über den gesamten Nachlass ein Inventar errichtet. Wird ein solches Inventar errichtet, so haftet der Erbe lediglich bis zum Betrage der Erbschaft, wobei er die Kosten für die Bestattung des Erblassers, die Errichtung des Inventars und die übrigen Gerichtskosten in Abzug bringen kann (Art. 711 ZGB).

 

Rz. 51

Die Haftung mehrerer Erben für die Nachlassverbindlichkeit ist quotal und entspricht ihrem Erbteil (Teilschuldner, Art. 717 ZGB). Eine Möglichkeit der Haftungsbeschränkung bei gleichzeitiger Annahme durch Inventarerrichtung o.Ä. besteht in diesem Falle nicht (Art. 717 ZGB). Der Staat haftet für Verbindlichkeiten nur mit dem Vermögen, das durch den Erbfall erworben wurde (Art. 416 ZGB).

 

Rz. 52

Die Frist zum Antritt der Erbschaft kann durch den Erblasser bestimmt werden (Art. 693 ZGB). Hat der Erblasser eine solche Frist nicht bestimmt, so ist die Fristdauer davon abhängig, ob ein Aufgebot, d.h. eine Aufforderung zur Anmeldung von Erbrechten, erlassen worden ist. Ist dies der Fall, kann eine Erbschaftsantretung nur innerhalb der Aufgebotsfrist erfolgen. Ist hingegen kein Aufgebot erlassen worden, so muss der Erbe nach Art. 693 ZGB seine Erklärung über den Erbschaftsantritt innerhalb eines Jahres, gerechnet vom Tage der Eröffnung der Erbschaft an, abgeben. Die Möglichkeit einer Verlängerung der Annahmefrist sieht das lettische Gesetz nicht vor.

[6] "Nihil est aliud hereditas, quam successio in universum jus, quod defunctus habuit“, vgl. Windscheid, III § 528; Erdmann, III § 194; Zimmermann, in: Lettlands Zivilgesetzbuch in Einzeldarstellungen, § 41, S. 279."

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