Ein weiterer Teil der Tätigkeit des Rechtsanwalts auf dem Gebiet des Verkehrsrechts ist die Verteidigung in verkehrsrechtlichen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten.

4.1 Mandatsannahme

Wichtig ist, dass die Tätigkeit eines Rechtsanwalts sowohl in verkehrsrechtlichen Ordnungswidrigkeitenverfahren als auch im Strafverfahren so früh wie möglich beginnt. In der Praxis erfolgt der erste Kontakt mit dem Mandanten in der Regel dann, wenn dem Mandanten ein Anhörungsbogen zugegangen ist oder wenn er einen Bußgeldbescheid oder Strafbefehl erhalten hat oder sein Führerschein beschlagnahmt wurde.

 
Hinweis

Einspruchsfrist

Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid oder einen Strafbefehl muss innerhalb von 2 Wochen seit Zustellung erfolgen. Das Datum findet sich auf dem gelben Briefumschlag mit dem zuzustellenden Schriftstück. Hat der Mandant dazu keine Unterlagen mehr, hilft auch ein Anruf bei der Bußgeldstelle bzw. Gericht oft nicht weiter, da dort die Zustellungsurkunden noch nicht vorliegen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist das Datum des Schreibens als Zustelldatum anzunehmen, um sich nicht ein weiteres Problemfeld des fristgerechten Einspruchs zu eröffnen.

Grundlage für eine Verteidigung sind die Aussagen des Mandanten sowie der Inhalt der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte. Es sollte sich immer ein Überblick über die Eintragungen im Bundeszentralregister und im Fahreignungsregister verschafft werden.

 
Wichtig

Vorherige Akteneinsicht

Es gilt der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verteidigung: Keine Stellungnahme zum Tatvorwurf ohne vorherige vollständige Akteneinsicht.

 
Hinweis

Verjährungsfrist

Für Verkehrsordnungswidrigkeiten gilt gemäß § 26 Abs. 3 StVG eine Verjährungsfrist von 3 Monaten für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit.

Diese Frist gilt allerdings nur, wenn noch kein Bußgeldbescheid ergangen ist oder öffentliche Klage erhoben wurde. Liegt ein Bußgeldbescheid vor, beträgt die Verjährungsfrist ab diesem Zeitpunkt 6 Monate. Wichtig ist, dass es viele Möglichkeiten gibt, wie die Verjährung unterbrochen wird (§ 33 OWiG). Dazu gehören z. B. die Vernehmung des Betroffenen, die Absendung des Anhörungsbogens und die Zustellung des Bußgeldbescheides. Nach jeder Unterbrechungshandlung beginnt die Verjährung erneut.

Verfügt der Mandant über eine Rechtsschutzversicherung für den Bereich des Verkehrsrechts, werden die Kosten der Verteidigung grundsätzlich von der Versicherung übernommen. Ist der Tatvorwurf eine Ordnungswidrigkeit, besteht Rechtsschutz auch dann, wenn die Tat vorsätzlich begangen wurde. Handelt es sich aber um den Vorwurf einer Straftat, kommt es auf den Ausgang des Verfahrens an:

  • bei einer Verkehrsstraftat (z. B. unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Trunkenheitsfahrt, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Nötigung, Beleidigung im Straßenverkehr) besteht grundsätzlich Rechtsschutz bis rechtskräftig feststeht, dass die Tat vorsätzlich begangen wurde. Dann entfällt der Rechtsschutz rückwirkend.
  • bei anderen Vergehen außerhalb des Straßenverkehrs, die vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden können (z. B. Körperverletzung), besteht Rechtsschutz immer dann, wenn der Vorwurf eine Fahrlässigkeitstat ist. Wird dem Mandanten Vorsatz vorgeworfen, besteht rückwirkend Versicherungsschutz, wenn nicht rechtskräftig festgestellt wird, dass er vorsätzlich gehandelt hat (z. B. bei einer Einstellung des Verfahrens ohne Urteil).
  • bei reinen Vorsatztaten außerhalb des Straßenverkehrs (z. B. Betrug) besteht von vornherein kein Versicherungsschutz.

4.2 Vorverfahren/Ermittlungsverfahren

Es kommt auf den konkreten Einzelfall und die jeweilige Verteidigungsstrategie an, ob versucht werden sollte, ein Ordnungswidrigkeitenverfahren oder Strafverfahren bereits zu einem frühen Zeitpunkt zur Einstellung zu bringen. Bei offensichtlichen Verfahrensfehlern und bei der Androhung eines Fahrverbots kann es hilfreich sein, mit der Ermittlungsbehörde so früh wie möglich Kontakt aufzunehmen. Bei Verkehrsstraftaten kann das Ermittlungsverfahren auch durch Anklageerhebung enden.

4.3 Einspruch

Kann vor Erlass des Bußgeldbescheides bzw. des Strafbefehls keine Einstellung des Verfahrens erreicht werden, ist innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides/Strafbefehls gem. § 410 StPO Einspruch einzulegen. Der Einspruch muss nicht begründet werden. Beim Strafbefehl kann der Einspruch auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden, z. B. Beschränkung auf den Straffolgenausspruch wie die Strafhöhe oder die Dauer des Führerscheinentzugs.

Wird im Ordnungswidrigkeitenverfahren der Bußgeldbescheid von der Behörde aufgrund des Einspruches nicht zurückgenommen, werden die Ermittlungsakten an die zuständige Staatsanwaltschaft übersandt und anschließend dem zuständigen Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4.4 Erstinstanzliches Verfahren

Sowohl im Strafbefehlsverfahren als auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren wird in der Regel ein Hauptverhandlungstermin anberaumt, um über den Einspruch zu entscheiden. Es kann jedoch im Verkehrsstrafrecht auch ein Hauptverhandlungstermin aufgrund einer Anklageschrift anberaumt werden.

4.4.1 Ordnungswidrigkeitenverfahren

Das Gericht hat im Ordnungs...

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