Die meisten Haftungsnormen im Straßenverkehrsrecht sind wie im allgemeinen Zivilrecht auch an ein Verschulden geknüpft. Im Rahmen von § 17 Abs. 1 und 2 StVG ist bei einer Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge für eine Haftung der jeweiligen Fahrzeughalter untereinander von Bedeutung, inwieweit der Schaden überwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Nach § 17 Abs. 3 StVG ist diese Verpflichtung zum Schadensersatz nur dann ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Zur Konkretisierung heißt es im Gesetzestext, dass ein unabwendbares Ereignis schon dann vorliegt, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat.

 
Hinweis

Idealfahrer

Die Rede ist hier im Straßenverkehrsrecht von dem sog. Idealfahrer. Nur wer sich wie ein Idealfahrer verhält, kann auch damit rechnen, dass ihn unter Umständen kein Mitverschulden am Verkehrsunfall trifft. In diesem Fall ist ihm auch keine Betriebsgefahr anzurechnen.

Wenn beiden Kraftfahrzeugführern jeweils Verstöße z. B. gegen die Straßenverkehrsordnung vorgeworfen werden können, so kommt es im Einzelfall auf den konkreten Verstoß an. So sind in der Straßenverkehrsordnung Verhaltensrichtlinien eines Kraftfahrzeugführers enthalten, die unter absolutem Gefährdungsausschluss für jeden anderen Verkehrsteilnehmer erfolgen müssen, z. B. beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren (§ 9 Abs. 5 StVO). Es handelt sich hier um qualifizierte Sorgfaltsanforderungen, die bei der Verschuldensprüfung besonders zu beachten sind. Einem solchen Verkehrsverstoß kommt in der Regel ein hohes Gewicht zu und begründet regelmäßig den Anscheinsbeweis für ein Alleinverschulden, der aber entkräftet werden kann.

Allgemeine Verhaltenspflichten

Zu berücksichtigen sind auch allgemeine Verhaltenspflichten. So kann z. B. jeder Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr darauf vertrauen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer verkehrsgerecht verhalten und nicht mit einem Verkehrsverstoß zu rechnen ist. Besondere Aufmerksamkeit wird von Verkehrsteilnehmern in unklarer Verkehrslage verlangt, hier muss der Verkehrsteilnehmer immer mit dem fehlerhaften Verhalten anderer rechnen.

Im Übrigen gelten bei der Verschuldenshaftung die allgemeinen Regelungen. Nach § 276 BGB haftet der Schädiger für Vorsatz und jede Form der Fahrlässigkeit.

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