Zusammenfassung

 
Begriff

Oft stehen Eigentumswohnungen über einen längeren Zeitraum leer, sei es, dass der Bauträger sie nicht fertiggestellt hat, sei es, dass er sie trotz Bezugsfertigkeit noch nicht verkaufen konnte oder sei es, dass der Eigentümer für die Wohnung keine Mieter findet. In allen diesen Fällen stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein solcher Leerstand die Verpflichtung des Eigentümers, sich an den Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen, mindert.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

§ 16 WEG

  • Grundsätzlich richtet sich die Verteilung der Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, es sei denn, die Gemeinschaftsordnung sieht eine andere Kostenverteilung vor. Die gesetzliche Kostenverteilung erfolgt danach unabhängig davon, ob ein Eigentümer seine Wohnung nutzt oder nicht.
  • In zahlreichen Gemeinschaftsordnungen sind vom Gesetz abweichende Kostenverteilungsschlüssel vereinbart.
  • Diese Vereinbarungen sind gegenüber der gesetzlichen Regelung vorrangig. Wiederum aber können die Wohnungseigentümer auch eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung über die Kostenverteilung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG abändern und dies seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 auch dauerhaft bezüglich der Kosten von Erhaltungsmaßnahmen. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um eine Altvereinbarung vor dem Inkrafttreten des WEMoG handelt. § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG ist nämlich durch Vereinbarung abdingbar, was bezüglich der Regelungen in § 16 Abs. 3 und Abs. 4 WEG a. F. nicht möglich war.

Rechtsprechung

  • LG Berlin, Urteil v. 15.6.2018, 55 S 81/17 WEG: Ein Wohnungseigentümer kann nicht einwenden, kein Hausgeld zu schulden, weil er das ihm gehörende Sondereigentum nicht nutzen kann. Ihm steht wegen der Unbenutzbarkeit der Wohnung kein Minderungsrecht zu. Das Risiko der Benutzbarkeit oder Vermietbarkeit des Sondereigentums hat allein der Wohnungseigentümer zu tragen.
 
Die häufigsten Fallen
  1. Auch Leerstandseigentümer muss grundsätzlich Kosten tragen

    Die Verpflichtung zur anteiligen Tragung der Kosten des Gemeinschaftseigentums hängt nicht davon ab, ob eine Wohnung bewohnt ist oder leer steht. Grundsätzlich ist daher auch der Leerstandseigentümer zur anteiligen Kostentragung verpflichtet.

  2. Keine Kostenbeteiligung, wenn Wohnungen noch nicht fertig gestellt sind

    Anders sieht es dann aus, wenn das Sondereigentum noch nicht erstellt ist. Das Sondereigentum an den Räumen einer Wohnung bezieht sich jedenfalls auf den Raum innerhalb der tragenden Wände, die die Sondereigentumseinheit umschließen. Solange eine derartige Einheit nicht entstanden ist, hat der Erwerber lediglich eine Eigentumsanwartschaft und kann demnach mit Kosten nicht belastet werden. Zu beachten ist jedoch, dass es für das Entstehen des Sondereigentums nicht darauf ankommt, ob die das Sondereigentum bildenden Räume bereits zu Wohnzwecken ausgebaut sind.

  3. Beteiligung auch bei verbrauchsabhängigen Kosten

    Bei Leerstand von Wohnungseigentum kann es durchaus gerechtfertigt sein, den Leerstandseigentümer auch an verbrauchsabhängigen Kosten zu beteiligen. Denn neben dem konkreten Verbrauch sind in den Abrechnungen in der Regel auch Grundkosten enthalten, die nur selten gesondert ausgewiesen bzw. aufgeschlüsselt sind.

1 Die Zahlungspflicht des Wohnungseigentümers

1.1 Grundsatz

Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums einschließlich der Kosten seiner Erhaltung und sonstigen Verwaltung anteilig zu tragen. Der Umfang der Kostenbeteiligung richtet sich gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, es sei denn, die Gemeinschaftsordnung oder eine anderweitige Vereinbarung sieht eine andere Kostenverteilung vor. So kann in der Gemeinschaftsordnung vereinbart werden, dass bestimmte Kosten nach der Wohnfläche umzulegen sind, andere Kosten nach Personen oder nach Verbrauch.

 
Achtung

Ausnahme bei Heiz- und Warmwasserkosten

Eine Ausnahme gilt für die Heiz- und Warmwasserkosten. Die Verteilung dieser Kosten richtet sich nach der Heizkostenverordnung, welche zwingend ist. Danach ist jedenfalls ein Teil der Heiz- und Warmwasserkosten verbrauchsabhängig umzulegen. Hiervon abweichende Klauseln in der Gemeinschaftsordnung sind nichtig.

Die Wohnungseigentümer können gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG die Betriebs-, Verwaltungs- und Erhaltungskosten auch abweichend vom gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel umlegen. Die abweichende Kostenverteilung entspricht jedenfalls stets dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sie nicht willkürlich erfolgt und sich nicht eine Mehrheit auf Kosten der Minderheit entlasten will.

1.2 Besonderheiten bei noch nicht fertiggestellten Wohnungen

Fraglich ist, ab welchem Zeitpunkt bei noch nicht fertiggestellten Wohnungen die Pflicht zur anteiligen Kostentragung beginnt.

 
Praxis-Beispiel

Kostentragung bei noch nicht fertiggestellten Wohnungen

Ein Grundstück ist geteilt. Die Wohnungsgrundbücher für 100 Wohnungen sind angelegt. 50 Wohnungen sind in einem ersten Bauabschnitt bezugsfer...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge