Leitsatz

Wenn keine Vereinbarung zum Lastschrifteinzug existiert, kann der Verwalter bei einem Wohnungseigentümer den Lastschrifteinzug verweigern bzw. widerrufen, wenn es um die Höhe eines Lastschrifteinzugs erhebliche Meinungsverschiedenheiten bis zum Vorwurf strafbarer Handlungen bei vermeintlich zu hohen Abbuchungen gegeben hat.

 

Normenkette

§§ 16, 28 WEG

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer B schuldet in 2013 ein monatliches Hausgeld in Höhe von 258,63 EUR. Mit Schreiben vom 26. März 2013 erteilt er Verwalter V eine Einzugsermächtigung. Ende März 2013 erhält B die Abrechnung 2012. Danach hat er auf das Hausgeld Vorauszahlungen in Höhe von lediglich 1.643 EUR gezahlt. B hält diese Angabe für falsch. Er meint, 1.656 EUR gezahlt zu haben (= 13 EUR mehr). Die Abrechnung 2012 wird ungeachtet der behaupteten Differenz mehrheitlich genehmigt. V bucht daraufhin den Nachzahlungsbetrag in Höhe von 367,70 EUR, der auf B entfällt, von dessen Konto ab.
  2. Mit Schreiben vom 20. Juni 2013 weist B den V auf den "Fehler" in der Abrechnung 2012 hin, sowie darauf, dass er für die Monate Januar bis April 2013 insgesamt 20 EUR zu viel bezahlt habe. B erteilt V ferner die "Weisung", im Juli 2013 lediglich ein Betrag in Höhe von 225,63 EUR (258,63 EUR [monatliche Vorauszahlung gemäß Wirtschaftsplan] – 13 EUR [behauptete Mehrzahlung 2012] – 20 EUR [behauptete Überzahlung 2013]) abzubuchen. Nach erfolgter Korrektur dürfe V in den Folgemonaten wieder den vollen Betrag (258,63 EUR/Monat) einziehen.
  3. Im Juli 2013 bucht V einen Betrag von 238,63 EUR ab, womit er die Überzahlung in Höhe von insgesamt 20 EUR, nicht aber die von den B behauptete Überzahlung im Jahr 2012 in Höhe von 13 EUR berücksichtigt. B erklärt V daraufhin, der Abbuchungsvorgang sei nicht genehmigt und damit "rechtswidrig" gewesen; genehmigt worden sei lediglich die Abbuchung eines Betrags in Höhe von 225,63 EUR. Der rechtswidrige Zugriff auf sein Konto in nicht genehmigter Höhe "trage demnach den Charakter eines Diebstahls". Daraufhin teilt die V dem B mit, ab September 2013 von der Einzugsermächtigung gar keinen Gebrauch mehr machen zu wollen. Da B sich auf den Standpunkt stellt, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei verpflichtet, von der Einzugsermächtigung Gebrauch zu machen, überweist er die monatlich geschuldeten Beträge nicht.
  4. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer macht nunmehr im Wege der Klage die Zahlung der unstreitig geschuldeten Hausgelder in Höhe von 1.293,15 EUR für die Monate September 2013 bis Januar 2014 geltend.
 

Kommentar

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe gegen B gemäß §§ 16, 28 WEG, § 421 BGB in Verbindung mit dem bestandskräftigen Genehmigungsbeschluss über die Wirtschaftspläne 2013 einen Anspruch auf Zahlung.
  2. B sei gemäß § 270 Abs. 1 BGB verpflichtet, das Hausgeld auf seine Gefahr und Kosten zu übermitteln.

    § 270 BGB

    (1) Geld hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und seine Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln.

    (2) Ist die Forderung im Gewerbebetrieb des Gläubigers entstanden, so tritt, wenn der Gläubiger seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Orte hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.

    (3) Erhöhen sich infolge einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Änderung des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers die Kosten oder die Gefahr der Übermittlung, so hat der Gläubiger im ersteren Falle die Mehrkosten, im letzteren Falle die Gefahr zu tragen.

    (4) Die Vorschriften über den Leistungsort bleiben unberührt.

    Eine Verpflichtung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, den geschuldeten Betrag aufgrund der Einzugsermächtigung einzuziehen, bestehe nicht. Die Parteien hätten zwar aufgrund der zunächst vereinbarten Einzugsermächtigung eine Abrede getroffen, hinter der § 270 Abs. 1 BGB zurücktrete, und nach der die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer grundsätzlich verpflichtet wäre, die geschuldeten Hausgelder vom (gedeckten) Konto der Beklagten einzuziehen.

  3. Die Klägerin habe diese Abrede jedoch wirksam gekündigt bzw. ihr Einverständnis mit der Einziehung der Hausgelder im Lastschriftverfahren widerrufen, sodass sie zu Recht davon Abstand genommen habe, das Hausgeld ab September 2013 im Wege des Lastschrifteinzugs einzuziehen. Die Frage, ob ein Gläubiger einseitig sein Einverständnis mit dem Lastschrifteinzug widerrufen könne, sei allerdings streitig. Die Kammer sei der Auffassung, eine Kündigung des Einverständnisses mit dem Lastschrifteinzug bzw. ein Widerruf sei jedenfalls dann möglich und wirksam, wenn der Gläubiger ein berechtigtes Interesse hieran habe und keine berechtigten Interessen des Schuldners entgegenstünden. Dies sei der Fall. Zwischen den Parteien habe Streit über die Höhe des im September 2013 zu zahlenden Hausgeldes bestanden. Diese Uneinigkeit habe es gerechtfertigt, dass V vom Einzug der Hausgelder des B per Lastschrift Abstand genommen hat.
  4. V verstoße angesichts der dargelegten Umstände auch nicht gegen die Gr...

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