Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Chemische Industrie. Richtbeispiele

 

Leitsatz (amtlich)

Erfüllt ein Arbeitnehmer, dessen Eingruppierung nach dem Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie (BETV) vorzunehmen ist, eines der für eine bestimmte Entgeltgruppe gebildeten Richtbeispiels, so sind die Erfordernisse der betreffenden Entgeltgruppe als erfüllt anzusehen. Eine zusätzliche Überprüfung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale ist dann nicht mehr erforderlich.

hier: Fahrer einer Anlage (E6)

 

Normenkette

TVG § 4; BGB § 611; Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie vom 18.7.1987 §§ 3, 7

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Urteil vom 27.06.2002; Aktenzeichen 3 Ca 299 d/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.06.2002 – 3 Ca 299 d/02 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.04.2001 nach der Entgeltgruppe E6 des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie vom 18.7.1987 in der aktuell gültigen Fassung zu entlohnen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, wie der Kläger einzugruppieren ist.

Der Kläger ist am 25.01.1967 geboren. Er hat den Beruf eines Kraftfahrzeugmechanikers erlernt, war nach seiner Lehre noch ein Jahr in dem Ausbildungsberuf tätig und sodann als Galvaniseur und in der Abwassertechnik beschäftigt.

Mit Wirkung vom 15.06.1995 wurde der Kläger zunächst als Ladeschichtarbeiter bei der Beklagten eingestellt (Arbeitsvertrag Bl. 14 d. A.). Mit Wirkung vom 01.04.1996 erfolgte eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E3 des Bundesentgelttarifvertrages für die Chemische Industrie (Abl. Bl. 25 ff. d. A.). Seit dem 01.06.1996 erhält der Kläger eine freiwillige, widerrufliche übertarifliche Zulage von 51,64 Euro. Der Kläger war bis Mitte des Jahres 2000 als Maschinenbediener an der ECB-Anlage beschäftigt und wurde daneben auch in der Schlosserei eingesetzt. Sodann erfolgte eine Versetzung als Kaschierer in die Abteilung Kaschierhalle in den Arbeitsbereich „Block-Vorschäumerproduktion”. Im Frühjahr 2001 wurde der Kläger in die ECB-Dachbahnproduktion zurückversetzt und bedient seither wieder die Maschine. Unstreitig wird er in Zeiten, in denen dort wenig zu tun ist, in der Schlosserei tätig, wobei strittig ist, ob er dort als Helfer oder als Schlosser beschäftigt wird.

An der ECB-Anlage werden Dachfolien hergestellt. Der Kläger bedient die ECB-Fertigungsanlage, insbesondere die An- und Abfahrprozesse. Ferner beschickt er die Maschine mit Rohstoffen, korrigiert Ablauffehler oder Qualitätsprobleme, verpackt, kennzeichnet und palettiert die Fertigware, protokolliert die Materialdaten, Qualitätsprüfungen und Messergebnisse. Hinzu kommt das Reinigen der Anlagen sowie das Melden von Schäden und Mängeln an der Maschinentechnik und die Führung der Produktions- und Prämienunterlagen. Kleinere Reparaturen werden von ihm selbst erledigt, für die Durchführung größerer Reparaturen wird der Meister informiert. Der Kläger arbeitet zusammen mit einem anderen Mitarbeiter, der, wenn der Kläger die Maschine bedient, die Rohstoffe zuführt. Beide wechseln sich ab. Die Maschine muss ständig besetzt sein. Sie arbeitet nur teilweise computergesteuert und zwar hinsichtlich der Gleichlaufsteuerung. Der Kläger stellt die Geschwindigkeitsanzeige und die Temperatur ein. Eine früher vorhandene elektronische Einstellmöglichkeit ist nach einem Defekt nicht wieder beschafft worden.

Der Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie (BETV) enthält folgende Regelungen zur Eingruppierung und Vergütung:

§ 3

1. Der Bundesentgelttarifvertrag ist in Verbindung mit dem jeweils geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag Grundlage der Entgeltfestsetzung.

2. Die Arbeitnehmer werden entsprechend der von ihnen ausgeübten Tätigkeit in die Entgeltgruppen eingruppiert. Für die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe ist nicht die berufliche Bezeichnung, sondern allein die Tätigkeit des Arbeitnehmers maßgebend. Die Eingruppierung richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Oberbegriffe; hierzu sind als Erläuterung die bei den Entgeltgruppen aufgeführten Richtbeispiele heranzuziehen. Passen die Oberbegriffe nicht auf eine ausgeübte Tätigkeit, so ist ein Arbeitnehmer in diejenige Entgeltgruppe einzugruppieren, die seiner Tätigkeit am nächsten kommt.

3. ….

4. Übt ein Arbeitnehmer innerhalb seines Arbeitsbereiches ständig wiederkehrend mehrere Tätigkeiten aus, auf die verschiedene Entgeltgruppen zutreffen, so ist er in die Entgeltgruppe einzugruppieren, deren Anforderungen den Charakter seines Arbeitsbereiches im wesentlichen bestimmen. Für solche Tätigkeiten, die bezüglich ihrer Anforderungen zu höheren Entgeltgruppen gehören und durch die Eingruppierung gem. Satz 1 noch nicht abgegolten werden konnten, ist eine angemessene Vergütung als Ausgleich zu gewähren.

III. Entgeltgruppenkatalog

§ 7

E1

Arbe...

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