Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Urlaubsabgeltung. Verfall

 

Leitsatz (amtlich)

Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB stehen dem Arbeitnehmer bei einer Bruttovergütungsklage auf den zuerkannten Bruttobetrag und nicht nur auf den entsprechenden Nettobetrag zu.

 

Normenkette

ZPO § 233; BUrlG § 7 Abs. 3 S. 3, § 13; BGB §§ 284, 288

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 18.07.1995; Aktenzeichen 1a Ca 998/95)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten wird als unzulässig verworfen.

2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 18. Juli 1995 – 1a Ca 998/95 – wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, über den ausgeurteilten Betrag hinaus weitere 3.077,10 DM brutto nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 3.5.95 zu zahlen.

3. Im übrigen wird die Anschlußberufung zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des ersten Rechtszuges hat der Kläger 1,4 % und der Beklagte 98,6 % zu tragen. Von den Kosten des zweiten Rechtszuges hat der Kläger 2 % und der Beklagte 98 % zu tragen.

5. Die Revision wird hinsichtlich der Entscheidung über den Zinsantrag zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in zweiter Instanz nur noch um die Höhe einer dem Kläger zustehenden Überstundenvergütung und um die Abgeltung von Urlaub aus dem Jahre 1994.

Der Kläger war bei der Beklagten von Mai 1982 bis zum 31.12.1994 als Steuerfachgehilfe beschäftigt. Seine Arbeitsvergütung wurde ab August 1993 von 4.000,– DM brutto auf 4.300,– DM brutto erhöht. Er begehrt für 86 teilweise vor diesem Zeitpunkt geleistete Überstunden 2.896,05 DM brutto, wobei er der Berechnung eine Grundvergütung von 4.300,– DM zugrundegelegt und einen Zuschlag von 25 % einbezogen hat.

Zwischen den Parteien war ein Urlaubsanspruch von 27 Arbeitstagen pro Jahr vereinbart. Bei dem Beklagten bestand die betriebliche Übung, den Urlaub aus dem Vorjahr über das erste Quartal des Folgejahres hinaus zu übertragen, da während des ersten Quartals wichtige Steuertermine einzuhalten sind. Im August 1994 erhielt der Kläger 3 Wochen Urlaub aus 1993. Für 1994 wurden ihm 11,5 Urlaubstage gewährt. Der Kläger fordert für die verbleibenden 15,5 Urlaubstage Abgeltung in Höhe von 3.173,81 DM brutto.

Vom 29.8.1994 bis zum 31.12.1994 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 8.12.1994 (Bl. 55 d. A.) bat er, den Resturlaub von 15,5 Tagen und die 86 Überstunden auszuzahlen. Mit Schreiben vom 15.1.1995 (Bl. 56 d. A.) erinnerte er an die ihm noch zustehenden Gehaltszahlungen und bat um Nachholung. Am 25.4.1995 reichte er wegen einer Gratifikationsforderung, der Überstundenvergütung und der Urlaubsabgeltung eine Klage ein, die am 3.5.1995 zugestellt wurde.

Das Arbeitsgericht gab der Klage durch Urteil vom 18.7.95 (Bl. 33–40 d. A.), auf das zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hinsichtlich der restlichen Gratifikationsforderung und der Überstundenvergütung statt und wies sie hinsichtlich der Urlaubsabgeltung ab.

Gegen dieses ihm am 10.8.1995 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 29.8.1995 Berufung eingelegt und diese am 4.10.1995 begründet.

Wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragte der Beklagte mit Schriftsatz vom 20.10.1995 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Fristversäumnis lagen die folgenden Vorkommnisse zugrunde: Der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten hatte die Sache der bei ihm beschäftigten Assessorin K. zur Bearbeitung übergeben. Deren 6-jährige Tochter erkrankte schwer. Frau K. diktierte am 29.9.1995, dem Tage des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist, die Berufungsbegründung und begab sich anschließend sofort wieder zu ihrem Kind. Der Schriftsatz wurde geschrieben, von dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten unterzeichnet und statt per Telefax übersandt zur normalen Post gegeben. Im Büro des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten ist es üblich, daß die Frist gestrichen wird, wenn der Schriftsatz ausgefertigt worden ist.

Der Beklagte erkennt die Forderung nach Überstundenvergütung nur hinsichtlich des Nettobetrages an, der einem Bruttobetrag von 2.133,86 DM entspricht. Er wendet sich in erster Linie gegen den geforderten Zuschlag von 25 %. Ein solcher Zuschlag sei weder branchen- noch betriebsüblich. Für die bis einschließlich Juli 1993 geleisteten 30,5 Überstunden dürfe außerdem nur eine Grundvergütung von 4.000,– DM brutto zugrundegelegt werden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 18. Juli 1995 – 1a Ca 998/95 – abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Klageforderung 2.144,71 DM übersteigt.

Er beantragt ferner

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der Kläger, dem das Urteil des ersten Rechtszuges am 9.8.95 zugestellt worden ist, hat am 6.9.95 Anschlußberufung eingelegt und diese am 15.9.95 begründet.

Er beantragt,

  1. die Berufung des Berufungsklägers als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie zurückzuweisen,
  2. das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 18. Juli 1995 – 1a Ca 998/95 – abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger über den ausgeurteilten Betrag hinaus weitere 3.173,81 DM (brutto) nebst 4 % Zinsen ...

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