Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitwirkung des Personalrats. Beginn der Frist des § 15 III SchwbG

 

Leitsatz (amtlich)

1) Das Mitwirkungsverfahren ist gem. § 67 PersVG S-H erst mit der Entscheidung der nächsthöheren Dienststelle abgeschlossen. Bis dahin können später entstandene oder dem Arbeitgeber bekanntgewordene für die Kündigungsentscheidung maßgebliche Tatsachen unter Beteiligung der Stufenvertretung noch berücksichtigt werden.

2) Die Frist des § 15 Abs. 3 SchwbG beginnt erst mit der Zustellung des Zustimmungsbescheides (bzw. Widerspruchsbescheides) zu laufen, jedoch nicht mit der Übersendung der Vorabinformation durch den Sozialminister.

 

Normenkette

BPersVG §§ 72, 108 II; PersVG S-H § 67; KSchG § 1; SchwbG § 15; BGB § 625

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 22.12.1983; Aktenzeichen 2c Ca 1301/83)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 22. Dezember 1983 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der 46 Jahre alte, ledige Kläger, ein Musikwissenschaftler, war gemäß Arbeitsvertrag vom 21. Juni 1971 mit Wirkung vom 1. Juli 1971 am Musikwissenschaftlichen Institut der K. C. -A.-Universität, Sonderforschungsbereich 17, als wissenschaftlicher Angestellter tätig.

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.

Unter § 5 des Vertrages „Nebenabreden” heißt es:

„Die Vergütungszahlung erfolgt aus Mitteln, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft jeweils für die Dauer eines Kalenderjahres zur Verfügung stellt. Sofern diese Mittel in einem der folgenden Jahre nicht bewilligt oder aber gekürzt werden sollten, ist das Land Schleswig-Holstein berechtigt, den Arbeitsvertrag unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfrist zu kündigen, sobald dieses feststeht.”

Mit Schreiben vom 27. Januar 1982 bat der Kanzler der C. -A. Universität um die Zustimmung des Personalrates zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 1982. Das beklagte Land begründete die Kündigung damit, daß für die für die Weiterbeschäftigung des Klägers über den 31. Dezember 1981 hinaus beantragte Stelle von der Deutschen Forschungsgemeinschaft lediglich eine Auslauffinanzierung bis zum 30. Juni 1982 bewilligt worden sei und unterbreitete gleichzeitig den Vorschlag, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit als Musiklehrer zu prüfen. Mit Schreiben vom gleichen Tag verweigerte der Personal rat seine Zustimmung mit Hinweis auf § 72 Abs. 3 Ziffer 3, 4 und 5 Landespersonalvertretungsgesetz Schleswig-Holstein. Nachdem eine Einigung über eine geänderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht erzielt worden war, bat der Personalrat mit Schreiben vom 4. März 1982 das Kultusministerium um nochmalige Prüfung einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Mit Schreiben vom 7. Mai 1982 wurde dem Personalrat mitgeteilt, daß eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses derzeit nicht möglich sei.

Gemäß Feststellungsbescheid vom 3. Juni 1982 erkannte das Versorgungsamt Kiel dem Kläger eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % zu. Mit Schreiben vom 29. Juni 1982 entschied das Kultusministerium als nächsthöhere Dienststelle in Kenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nach Verhandlung mit der Stufenvertretung, daß die Kündigung des Klägers weiterbetrieben werden sollte. Mit Schreiben vom 17. August 1982 ersuchte das beklagte Land bei der Hauptfürsorgestelle um die Zustimmung zur fristgerechten betriebsbedingten Kündigung des Klägers zum 31. März 1983. Die Hauptfürsorgestelle versagte die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung mit Bescheid vom 9. November 1982, gegen den das beklagte Land mit Schreiben vom 9. Dezember 1982 Widerspruch einlegte.

Mit Schreiben der Hauptfürsorgestelle vom 25. April 1983, den Prozeßbevollmächtigten des Klägers sowie dem beklagten Land am 27. April 1983 zugegangen, wurde den Parteien die Aufhebung des Bescheides vom 9. November 1982 mitgeteilt. Gemäß Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 1983 entschied der Widerspruchsausschuß bei der Hauptfürsorgestelle u. a. folgendes:

  1. „Dem Widerspruch vom 09.12.1982 wird stattgegeben. Der Bescheid der Hauptfürsorgestelle Kiel vom 09.11.1982 wird aufgehoben.
  2. Dem Arbeitgeber wird die Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Schwerbehinderten erteilt.”

Die gegen diesen Widerspruchsbescheid vom Kläger angestrengte Klage hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht durch – rechtskräftiges – Urteil vom 21. Dezember 1983 abgewiesen (10 A 261/83).

Das beklagte Land sprach mit Schreiben vom 20. Juni 1983, dem Kläger am 24. Juni 1983 zugestellt, aus betriebsbedingten Gründen die fristgemäße Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1983 aus.

In seiner am 13. Juli 1983 bei Gericht eingegangenen Klagschrift hält der Kläger die Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Drin...

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