Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung Betriebsratsmitglied. außerordentliche Kündigung. soziale Auslauffrist

 

Leitsatz (amtlich)

Gegenüber einem Betriebsratsmitglied kann gem. § 15 KSchG nur eine außerordentliche fristlose Kündigung, nicht eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist ausgesprochen werden. Die gesetzliche Regelung erlaubt in diesem Fall eine soziale Auslauffrist nicht.

 

Normenkette

KSchG § 15; BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 22.09.2005; Aktenzeichen 1 Ca 1608/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.01.2008; Aktenzeichen 2 AZR 821/06)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 22.09.2005 – 1 Ca 1608/05 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung.

Die Klägerin ist am …1949 geboren. Sie ist verheiratet. Sie hat den Beruf der Bürokauffrau erlernt. Bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin ist sie seit dem 01.01.1995 als Bürokauffrau mit einer Vergütung von zuletzt 2.270 EUR brutto monatlich beschäftigt. Die Klägerin war bis zur Neuwahl im Frühjahr 2006 Mitglied des im Betrieb gebildeten Betriebsrates.

Die Beklagte betreibt eine Fachklinik für onkologische Rehabilitation. Es werden 112 Betten unterhalten. Die Beklagte beschäftigt 64 Mitarbeiter. Diese Klinik war von der Beklagten mit Wirkung vom 01.10.2001 übernommen worden.

Zu den Aufgaben der Klägerin gehören der Empfang der Patienten und die Verwaltung zweier Kassen. In die Hauptkasse sind die Zahlungen für Zeitungen und Telefonrechnungen einzubuchen und einzulegen. Die zweite Kasse betrifft das Essensgeld. Dieses Geld wird jeweils einmal wöchentlich abgerechnet und in die Hauptkasse gelegt. Für beide Kassen ist ein Kassenbuch zu führen. Die Verwaltung der Kasse erfolgt über den Computer.

Die Rezeption ist von 07.30 Uhr bis 17.00 Uhr besetzt. Die Klägerin ist bis etwa 15.45 Uhr tätig und wird sodann von einer anderen Mitarbeiterin aus der Abteilung vertreten. Die Abteilung ist mit 4 Mitarbeiterinnen besetzt, davon die Klägerin in Vollzeit, 2 Mitarbeiterinnen mit 30 Stunden in der Woche und die Leiterin mit 19,5 Stunden. Die weitere Aufgabe der Abteilung ist die Patientenaufnahme. Dort sind die anderen Mitarbeiterinnen eingesetzt. Soweit die Klägerin abwesend ist, vertreten die anderen Mitarbeiterinnen die Klägerin. Die Klägerin wird nicht in der Patientenaufnahme tätig.

Die Beklagte erteilte der Klägerin mit Datum vom 19.08.2004 wegen einer Fehlbuchung eine „letztmalige” Abmahnung (Bl. 26 d. A). Am 19.02.2004 fand ein Gespräch statt. Am 01.04.2004 wurde der Klägerin eine weitere Abmahnung erteilt. Die Beklagte beabsichtigte im Herbst 2004, die Klägerin wegen mangelhafter Arbeitsleistungen zu entlassen. Der Betriebsrat verweigerte am 24.09.2004 die Zustimmung, da er der Auffassung war, die Arbeitsleistungen würden sich noch verbessern. Mit Datum vom 07.10.2004 erteilte die Beklagte der Klägerin eine weitere Abmahnung (Bl. 23 d. A.).

Am 04.05.2005 kehrte die Klägerin nach einem 3-wöchigen Urlaub zurück und wurde zu einem Personalgespräch gebeten. Dort wurden mangelnde Freundlichkeit gegenüber Patienten und Mängel bei der Kassenführung thematisiert. Die Klägerin hat hierzu eine Stellungnahme abgegeben (Bl. 29, 31 d. A.). Am 04.05.2004 reisten 2 Patienten ab, die sich in der Folge über die Klägerin beschwerten. Für die Woche vom 02. bis 08.05.2005 ergab sich eine Kassendifferenz von 7,50 EUR. Die Klägerin buchte 3 Mittagessen zu 2,50 EUR auf 3 Mitarbeiter eines Reinigungsunternehmens. Tatsächlich hatte die Klägerin ein Frühstück zu 1,50 EUR und ein Mittagessen von 6,00 EUR für eine Begleitperson nicht gebucht gehabt. Am 10.05.2005 schloss die Klägerin die Kasse mit einem Bestand von 51,30 EUR ab und druckte eine Bestandsliste, aus der sich dieser Betrag ergab. Danach bestellte eine Ärztin 3 Mittagessen zu 2,50 EUR, die die Klägerin im PC erfasste. Eine neue Liste druckte sie nicht aus. Am folgenden Tag übernahm die Mitarbeiterin S… die Kasse und stellte fest, dass Kasse und Bestand laut PC nicht übereinstimmten. Eine weitere Kassendifferenz von 9,00 EUR am selben Tag, die auf einer fehlerhaften Eingabe – 1,00 EUR statt 10,00 EUR – durch die Klägerin beruhte, berichtigte diese noch vor Arbeitsschluss. Die Abrechnungskontrolle des Essensgeldes am 18.05.2005 für die Vorwoche ergab eine Differenz von 7,50 EUR. Nach Rücksprache mit Dr. W… korrigierte die Klägerin 2,50 EUR und legte zum Ausgleich von ihrem eigenen Geld 5,00 EUR in die Kasse. Sodann erstellte sie eine korrigierte Abrechnungsliste.

Die Beklagte sprach nach Vorliegen der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung (Bl. 5 d. A.) am 27.05.2005 eine außerordentliche Kündigung zum 31.05.2005 aus. Hiergegen hat die Klägerin am 01.06.2005 Klage erhoben, mit der sie gerügt hat, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten. Außerdem liege kein wichtiger G...

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