REVISION / ZUGELASSEN JA

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei ungelernten Verkaufs- oder Kassierkräften – Angestellten ohne abgeschlossene kaufmännische Lehre – können die ersten vier Jahre ihrer Tätigkeit gem. der Hauptgruppe A nicht für die Berechnung der Zahl der Berufsjahre in der Hauptgruppe B des Gehaltstarifvertrages für die Angestellten im Einzelhandel von Schl.-Hol. vom 02. Juli 1985 mitgezählt werden. Erst nach vier Jahren erfolgt im Sinne des Gehaltstarifvertrages die Gleichstellung mit einer gelernten Kraft.

2. Es bedeutet keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG, wenn der Arbeitgeber, der durch rechtskräftige Entscheidungen zu einer höheren tariflichen Vergütung für Angestellte verpflichtet worden ist, andere Arbeitnehmer, die die gleichen Tätigkeiten verrichten, weiterhin niedriger, nämlich tarifgerecht, vergütet. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist betriebsbezogen. Die Arbeitnehmer verschiedener Betriebe desselben Unternehmens können sich daher nicht auf die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes berufen.

3. Die Revision ist zuzulassen, wenn von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts abgewichen wird und die Entscheidung auf der Abweichung beruht (Innendivergenz).

 

Normenkette

GG Art. 3; BGB § 611; TVG § 4 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Urteil vom 11.03.1987; Aktenzeichen 1 Ca 1174/86)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 11. März 1987 – 1 Ca 1174/86 – abgeändert.

Die Klage wird – soweit sie nicht durch den Teilvergleich vom 13. August 1987 erledigt ist – abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits, mit Ausnahme der Kosten, die durch den Vergleich geregelt worden sind.

Der Wert des Streitgegenstandes beträgt bis zum Vergleich in der Berufungsinstanz DM 1.798,– und nach dem Vergleichsabschluß DM 1.474,–.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Vergütung der Klägerin nach dem Gehaltstarif vertrag für die Angestellten im Einzelhandel von Schleswig-Holstein vom 02. Juli 1985 (TV).

Die Klägerin ist am 09. Januar 1962 geboren. Sie hat keinen Beruf erlernt. Bei der Beklagten ist sie seit dem 01. Juli 1980 beschäftigt. Zunächst war sie bis zum 01. August 1981 als Ladenhilfe tätig. In der Zeit vom 01. August 1981 bis 31. Oktober 1981 war sie Auszubildende. Seit dem 01. November 1981 ist sie als Kassiererin an einer Ausgangskasse in einem Supermarkt bzw. Selbstbedienungsladen mit regelmäßig mehr als einer Ausgangskasse eingesetzt. Die Klägerin arbeitet 40 Stunden je Woche und erhielt im Juni und Juli 1986 monatlich jeweils 1.687,– DM brutto und ab August 1986 monatlich 1.722,– DM brutto an Gehalt.

Die Klägerin meint, daß ihr seit dem 01. Juli 1986 die Vergütung nach dem 7. Berufsjahr der Tarifgruppe B 2 zustehe. Der TV bestimmt bezüglich der Vergütung der Angestellten des Einzelhandels im Lande Schleswig-Holstein:

Die Angestellten werden in fünf Gruppen eingeteilt:

Hauptgruppe A

Angestellte ohne abgeschlossene kaufmännische Lehre.

Sie erhalten

im 1. Jahr der Tätigkeit

70 %

im 2. Jahr der Tätigkeit

80 %

im 3. Jahr der Tätigkeit

90 %

im 4. Jahr der Tätigkeit

95 %

des Tarifgehalts der Gehaltsgruppe B 1, und zwar

des 1. Berufsjahres bei Aufnahme der Tätigkeit vor vollendetem 18. Lebensjahr,

des 3. Berufsjahres bei Aufnahme bzw. Wiederaufnahme der Tätigkeit nach vollendetem 18. Lebensjahr.

Hauptgruppe B

Angestellte, welche die Berufsausbildung durch Prüfung zum Einzelhandelskaufmann, Verkäufer/in oder Bürogehilfe/in mit Erfolg abgeschlossen haben.

Einer abgeschlossenen Berufsausbildung werden in dieser Hinsicht gleichgestellt:

  1. Eine nach üblicherweise dreijähriger Berufsausbildung abgelegte Fachprüfung, die zu der von den betreffenden Abgestellten im Einzelhandel auszuübenden Tätigkeit befähigt;
  2. eine mindestens vierjährige kaufmännische Tätigkeit im Handel (Verkaufskräfte nur im einschlägigen Handel).

Bei Angestellten, die eine dreijährige Berufsausbildung mit Abschlußprüfung nach dem durch Erlaß vom 27. März 1968 staatlich anerkannten Berufsbild „Einzelhandelskaufmann” nachweisen, gilt nach erfolgreicher Abschlußprüfung das 1. Berufsjahr als zurückgelegt; sofern die Prüfung nach dem 30. April 1981 bestanden wurde, gelten 2 Berufsjahre als zurückgelegt. Für Angestellte, die eine dreijährige Berufsausbildung als Drogist, Bürokaufmann, Reisebürokaufmann und Schauwerbegestalter nach dem 31. Dezember 1984 erfolgreich abgelegt haben, gelten ebenfalls zwei Berufsjahre als zurückgelegt. Für die übrigen Angestellten, die nach dem 30. April 1981 eine Abschlußprüfung bestanden haben, gilt das erste Berufsjahr als zurückgelegt.

Gruppe B 1

Angestellte mit vorwiegend einfacher kaufmännischer Tätigkeit.

Beispiele:

Verkäufer

Kassierer in Ladengeschäften …

ab 01.08.85

ab 01.08.86

im 1. Berufsjahr

DM 1.363,–

DM 1.392,–

Gruppe B2

Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse in einem entsprechend übertragenen Aufgabenkreis erfordert.

Beispiele: ….

Kass...

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