Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugnahmeklausel. ersetzender Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Auch ein ersetzender Tarifvertrag wird von einer Bezugnahmeklausel erfasst, die sich auf ändernde und ergänzende Tarifverträge bezieht.

 

Normenkette

TV-L; TV-Ärzte; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 11.04.2008; Aktenzeichen 4 Ca 1 b/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.08.2010; Aktenzeichen 4 AZR 14/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11.04.2008 (4 Ca 1 b/08) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger für das Jahr 2006 noch Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV-Zuwendung) vom 12. Oktober 1973 hat.

Der Kläger wurde zum 1. April 1977 bei dem Landeskrankenhaus N… als Arzt eingestellt. Das Landeskrankenhaus wurde als Fachklinik für Psychiatrie, Neurologie und Rehabilitation geführt und war seinerzeit ein unmittelbarer Eigenbetrieb des Landes Schleswig-Holstein. Dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Land Schleswig-Holstein lag der Arbeitsvertrag vom 30. Juni 1976 zugrunde (Anlage K 1 = Bl. 6 d.A.).

In § 2 des Arbeitsvertrages heißt es:

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 – (Amtsblatt Schleswig-Holstein S. 155) – und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.”

Mit Gesetz über die Errichtung öffentlich-rechtlicher psychiatrischer Fachkliniken (Fachklinikgesetz-VKIG) vom 8. Dezember 1995 (GVBL für Schleswig-Holstein 1995, S. 452) wurden die Fachkliniken S., N. und H. vom Land Schleswig-Holstein in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt. Gemäß § 11 Satz 1 Fachklinikgesetz-VKIG gingen mit Wirkung vom 1. Januar 1996 die Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse der am 31. Dezember 1995 bei dem jeweiligem Landesbetrieb tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Land Schleswig-Holstein auf die jeweilige Anstalt des öffentlichen Rechts über. Gemäß § 11 Abs. 2 des Gesetzes galten für die betroffenen Beschäftigten die bis zum Zeitpunkt des Übergangs der Fachkliniken maßgeblichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung weiter, wobei dies gemäß Satz 2 dieser Vorschrift auch gelten sollte für die diese Tarifverträge künftig ändernden und ergänzenden Tarifverträge.

Mit Gesetz zur Neuordnung der Fachkliniken (FKING) vom 25. November 2002 (GVBL für Schleswig-Holstein 2002, S. 237) wurde die als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtete Fachklinik N. aufgehoben. Deren bewegliches und unbewegliches Vermögen fiel an die Fachklinik H., die sodann als Fachklinik im Sinne des Fachklinikgesetzes vom 8. Dezember 1995 den Namen P. führte. Nach § 2 Abs. 1 FKING gingen die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei der Fachklinik N. tätig waren, auf die P. über. Gemäß § 10 Satz 1 dieses Gesetzes galten für die Beschäftigten der P. die bisherigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung weiter.

Mit dem aufgrund des Gesetzes zur Umwandlung psychiatrischer Einrichtungen und Entziehungsanstalten (PsychEUmwG) vom 24. September 2004 erlassenen Fachklinikenumwandlungsgesetz (GVBL für Schleswig-Holstein 2004, S. 350) regelte der Landesgesetzgeber die Zulässigkeit und das Verfahren der Umwandlung der rechtsfähigen Anstalten der P. in Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Der Landesgesetzgeber ermächtigte die oberste Landesgesundheitsbehörde, im Einvernehmen mit dem Finanzministerium durch Verordnung den Formwechsel der P. in die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gemäß Artikel 3 Abs. 3 PsycheUmwG trat § 10 des Fachklinikgesetzes am 25. September 2004 außer Kraft.

Durch Landesverordnung über den Formwechsel und die Veräußerung der P. vom 13. Oktober 2004 (GVBL für Schleswig-Holstein 2004, S. 401) wurde die Anstalt des öffentlichen Rechts „P.” in N. in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung formwechselnd umgewandelt. Der Rechtsformwechsel wurde mit Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister am 4. Januar 2005 wirksam. Die Beklagte erwarb die Geschäftsanteile der durch den Formwechsel entstandenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Nach Verkündung des P. schloss das Land Schleswig-Holstein mit dem Gesamtpersonalrat der P. AöR unter dem 01./21.10.2004 eine sog. „Sicherungsvereinbarung” (Anlage K 3 = Bl. 8 d. A.). Diese Sicherungsvereinbarung war als Regelung zugunsten Dritter konzipiert. Sie enthält in ihrem mit „Fortgeltung der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen” überschriebenen § 2 folgende Regelung:

„Alle bisher bei der AöR geltenden Arbeitsverträge, Regelungen und Vereinbarungen bleiben auch nach der Umwandlung und dem Gesellschafterwechsel unverändert in Kraft und es sind insbesondere alle bisherigen Rechtsvorschriften und tatsächlichen Verfahrensweisen, die bisher geltenden Tarifregelungen...

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