Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Differenzierung zwischen Überprüfungspflicht und der Ausübung billigen Ermessens zu einer Leistungsbestimmung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein arbeitsvertraglich in Bezug genommenes "Leistungspaket" des Arbeitgebers ist eine allgemeine Geschäftsbedingung, die erforderlichenfalls nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn auszulegen ist. Nur wenn danach nicht behebbare Zweifel bleiben, greift die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders ein.

2. Das "Leistungspaket" des Arbeitgebers ist klar und eindeutig formuliert. Es normiert lediglich die Verpflichtung des Arbeitgebers, ohne zwingende Berücksichtigung bestimmter Parameter die darin geregelte Obergrenze zu überprüfen und dann unabhängig von Vorgaben zu entscheiden, ob diese erhöht wird oder nicht. Die Ausübung billigen Ermessens gem. § 315 Abs. 1 BGB als Folge der Überprüfung war nicht vorgesehen, da es nicht um eine Leistungsbestimmung ging.

 

Normenkette

BGB § 305c Abs. 2, § 315 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Entscheidung vom 14.07.2017; Aktenzeichen 4 Ca 146/17)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.02.2019; Aktenzeichen 10 AZR 341/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 14.07.2017 - 4 Ca 146/17 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet war, die für das zusätzliche erfolgsbezogene Urlaubs- und Weihnachtsgeld relevante Bemessungs-Obergrenze nach billigem Ermessen zu bestimmen und die Zahlungen für den Kläger entsprechend zu erhöhen.

Der Kläger trat am 01. September 1984 in die Dienste der tarifgebundenen D. W. AG. 1996 wurde die nicht tarifgebundene Tochtergesellschaft D. A. GmbH gegründet, auf die das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege eines Betriebsübergangs auf die heutige Beklagte überging. Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin und ebenfalls nicht tarifgebunden.

Zum Ausgleich des Entfalls der Tarifbindung führte die damalige D. A. GmbH im Jahre 1996 ein Leistungspaket ein. Dieses vereinbarte die D. A. GmbH ab Juli 1996 mit allen neu eingestellten Mitarbeitern und ab diesem Zeitpunkt auch Schritt für Schritt mit den damals zuvor bei der D. W. AG beschäftigten Arbeitnehmern.

Der Kläger, der als Fertigungsingenieur bei der Beklagten tätig ist, vereinbarte im Jahre 2000 in einem ab 01. Oktober 2000 gültigen schriftlichen Arbeitsvertrag mit der D. A. GmbH bezüglich des Leistungspaketes Folgendes:

"6.2 Das "Leistungspaket A." ist Bestandteil dieses Vertrages und liegt als Anlage bei. Beachten Sie dort insbesondere die Ziffern 4.2 (Urlaubs- und Weihnachtsgeld), 4.4 (Aussetzen von Gehaltsbestandteilen in wirtschaftlicher Notlage) und 7. (Entgeltfortzahlung)."

Zum Entgeltniveau heißt es im Abschnitt 4 des Leistungspaketes mit Stand Juli 1996 wie folgt:

"4.1 In der A. GmbH werden marktgerechte Gehälter gezahlt. Es erfolgt mangels Tarifbindung keine Eingruppierung, z. B. entsprechend den Bestimmungen der Metallindustrie. Das Gehalt unterteilt sich in ein Grundgehalt als anforderungsbezogenem Entgeltbestandteil und einen freiwilligen, erfolgsbezogenen Prämienanteil.

4.2. Es wird ein Jahresgehalt vereinbart, welches sich unterteilt in 12 Monatsentgelte. Das Monatsentgelt besteht aus einem anforderungsbezogenen und einem erfolgsbezogenen Teil gemäß Ziffer 4.1.

4.20.1 Zusätzlich werden 50 % eines Monatsentgeltes als zusätzliches Urlaubsgeld (zahlbar mit dem Mai-Entgelt) und 70 % eines Monatsentgelts als Weihnachtsgeld (zahlbar mit dem November-Entgelt) als pauschale, Erfolgsbeteiligung gewährt. Bei unterjährigem Ein- oder Austritt, bei zeitweilig ruhendem Arbeitsverhältnis, sowie bei krankheitsbedingten und unentschuldigten Fehlzeiten werden Urlaub- und Weihnachtsgeld nur anteilig für die Zeiten gewährt, in denen eine Arbeitsleistung für die A. GmbH erfolgt. Die anteilige Kürzung erfolgt nicht bei Fehlzeiten aufgrund nicht selbstverschuldeter Arbeitsunfälle. Urlaubs- und Weihnachtsgeld gelten als Vorschuss, der zurückgefordert werden kann, wenn die für die Zahlung vorausgesetzte Arbeitsleistung nicht erbracht wird.

4.20.2 Für das zusätzliche erfolgsbezogene Urlaubs- und Weihnachtsgeld gilt eine Bemessungs-Obergrenze eines entsprechenden Monatsentgelts von zZt. DM 8.000,--. Diese Obergrenze wird alle 2 Jahre überprüft.

4.20.3 ...

4.3 Die A. GmbH wird die in der Metallindustrie Schleswig-Holstein zwischen den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Gehaltssteigerungen in Summe, bezogen auf das anforderungsbezogene Entgelt freiwillig an alle Beschäftigten weitergeben, soweit dies aus wirtschaftlichen Gründen vertretbar ist und soweit es sich nicht um strukturelle Änderungen handelt. Die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation wird dabei an den Plan- und Ist-Zahlen sowie der generellen Einschätzung der weiteren Geschäftssituation erfolgen. Hierüber entscheidet die Geschäftsleitung jeweils nach entsprechendem Tarifabschluß. Di...

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