REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN JA

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

2. Schiffregister. Vereinbarung von Heimatheuern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einführung des Internationalen Seeschiffahrtsregisters (2. Schiffregister) in § 21 Abs. 4 FlaggenrechtsG gestattet es dem deutschen Redder, mit Seeleuten ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland Heuern in Höhe der Heimatheuern zu vereinbaren (hier: indische Seeleute)

 

Normenkette

Flaggenrechtsgesetz § 21 Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 10.01.1991; Aktenzeichen 1c Ca 1730/90)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 03.05.1995; Aktenzeichen 5 AZR 16/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 10. Januar 1991 – 1c Ca 1730/90 – geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist eine deutsche Reederei mit Sitz in L.-T.. Der Kläger ist indischer Seemann. Er fordert von der Beklagten mehr Heuer, als bisher gezahlt wurde.

Eine in H. ansässige Firma hat für die Beklagte einen auf ein Jahr befristeten Heuervertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten vermittelt. Der Heuervertrag ist in englisch abgefaßt und vom Kläger noch in I. unterschrieben worden. Im Arbeitsvertrag hat der Kläger sich verpflichtet, als „AB Seaman” auf dem MS „V.” (499 BRT) der Beklagten zu fahren und acht Stunden täglich, einschließlich Sonnabend, Sonntag und Feiertagen, an 30 Tagen im Monat zu arbeiten. Die Beklagte hat sich im Vertrag verpflichtet, an den Kläger monatlich 250 US-$ zuzüglich 1 US-$ pro Überstunde zu zahlen, die Kosten der Hin- und Rückreise zu tragen und ihn gegen Krankheit und Unfall zu versichern. Wegen des englischen Wortlauts des Vertrages wird auf Bl. 8 u. 9 d. A. Bezug genommen.

Der Kläger hat die Arbeit am 20. Januar 1990 vertragsgerecht auf dem MS „V.” aufgenommen. Das Schiff führte damals die Bundesflagge und war im Internationalen Schiffsregister der B. D. (ISR) eingetragen. Der Heimathafen war L.. Im Seefahrtsbuch des Klägers ist vermerkt, daß er als Fachkraft anmusterte. Der Kläger hat das Schiff auf Anordnung der Beklagten am 7. Juli 1990 verlassen, weil die Beklagte das Schiff ausgeflaggt hatte. Er ist in einem H. Seemannsheim untergebracht worden. Für die Beklagte hat er nicht mehr gearbeitet, obwohl sie ihn aufgefordert hat, nach Maßgabe des Heuervertrages auf einem anderen Schiff der Beklagten zu arbeiten. Aufgrund eines Urteils des Arbeitsgerichts Lübeck vom 7. August 1990 – 1c Ga 12/90 – hat die Beklagte die Kosten der Heimreise bezahlt. Der Kläger hat die B. verlassen.

Der Kläger hat behauptet, er habe in I. den Vertrag unterschrieben, ohne dessen Inhalt zu kennen. Ihm sei in I. bedeutet worden, daß er seinen richtigen Vertrag in D. erhalten werde. Erst an Bord des MS „V.” habe er erfahren, daß er nur 250 US-$ monatlich und 1 US-§ für jede Überstunde als Heuer habe erhalten sollen. Er habe täglich 12 bis 14 Stunden gearbeitet und insgesamt 1.408 US-§ erhalten. Das ergebe bei einem Umrechnungskurs von 1,64 DM einen Nettolohn von 2.309,12 DM. Die erheblichen Überstunden habe die Beklagte nicht vergütet. Die Beklagte habe auch die Kosten für seine Unterkunft im Seemannsheim nicht bezahlt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß auf das Heuerverhältnis deutsches Recht anzuwenden sei. Der schriftliche Vertrag sei wegen Lohnwuchers nichtig. Es habe ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden. Als übliche Vergütung sei an ihn die Durchschnittsheuer von allen Schiffen der deutschen Handelsflotte zu zahlen. Es sei nicht zulässig, für Ausländer geringere Löhne als üblich oder nur die Heuer in der auf den Schiffen des ISR tätigen Seeleute heranzuziehen. Die Eintragung in das ISR ermögliche dem deutschen Reeder nur ausländisches Recht oder Tarife mit ausländischen Gewerkschaften, nicht jedoch im Arbeitsvertrag niedrigere Heuern zu vereinbaren.

Der Kläger hat seine Forderung wie folgt berechnet:

Für einen Decksmann betrage die Durchschnittsheuer ab dem 1. Januar 1990 2.622,– DM brutto und ab dem 1. März 1990 2.730,– DM brutto im Monat. Daraus ergebe sich für ihn unter Berücksichtigung des Urlaubsanspruchs eine Durchschnittsheuer von 16.658,60 DM brutto und ein Verpflegungsgeld von 134,10 DM netto.

Der Kläger hat außerdem eine Abstoppheuer von 2.730,– DM brutto, 932,13 DM anteilige Kosten für seine Unterkunft und Verpflegung im Seemannsheim sowie ein Schmerzensgeld wegen schuldhafter Freiheitsberaubung gefordert.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 19.388,60 brutto Heuer und Urlaubsheuer zuzüglich DM 1.066/23 netto abzüglicher erhaltener DM 2.309,12 netto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 8. August 1990 zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

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