Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösungsvertrag. Schriftform. tarifkonstitutive Beendigung. Auslegung. ruhendes Arbeitsverhältnis. Rechtsmissbrauch. Beschäftigungsanspruch. Rückkehrrecht. einseitig. Globalantrag. Arbeitgeberwechsel. Anspruch auf Fortsetzung eines ruhenden Arbeitsverhältnisses. einseitiges Rückkehrrecht. Verwirkung. treuwidriges Verhalten

 

Leitsatz (amtlich)

Schließen die Parteien bei einem auf Vermittlung der alten Arbeitgeberin zustande gekommenen Arbeitsvertrag mit einem neuen Arbeitgeber ausdrücklich keinen schriftlichen Aufhebungsvertrag, besteht der alte Arbeitsvertrag in der Regel ruhend fort.

Ein Arbeitnehmer handelt – ohne Hinzutreten weiterer Umstände – regelmäßig nicht treuwidrig, wenn er sich auch nach einem längeren Zeitraum auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses beruft.

Einzelfall – Zu Voraussetzungen eines Rückkehrrechtes und dessen Ausübung

 

Normenkette

ZPO §§ 253, 256; BGB §§ 613a, 623, 125-126, 133, 157; TV Ratio § 7 Abs. 3; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Urteil vom 22.01.2010; Aktenzeichen 3 Ca 1287 a/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 22.01.2010 – 3 Ca 1287 a/09 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 22.01.2010 – 3 Ca 1287 a/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen noch ein Arbeitsverhältnis besteht und der Kläger Beschäftigung verlangen kann.

Der Kläger ist 1968 geboren. Er war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin – nach vorangegangener Ausbildung – seit dem 01.09.1988 als Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker T./ Servicemonteur beschäftigt. Er verrichtete seine Arbeit stets in F.. Dieses eingegangene Arbeitsverhältnis richtet sich nach den für die Beklagte geltenden Tarifverträgen. Der Kläger war zuletzt in die Entgeltgruppe T 5 des Entgeltrahmentarifvertrages der D. T. AG eingruppiert und erhielt durchschnittlich 3.135,– EUR brutto monatlich.

Der Kläger war bis zum 31.12.2004 als von Rationalisierungen betroffener Arbeitnehmer in den Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb „V.” der Beklagten versetzt worden. Seither fand auch der Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (Blatt 43 – 65 d. A.).

Mit Wirkung ab 01.01.2005 vermittelte die Beklagte dem Kläger gemäß § 7 i. V. m. der Anlage 8 TV Ratio einen Dauerarbeitsplatz in ihrem Geschäftsmodell (Tochterunternehmen) V. T. S. GmbH & Co. KG (im Folgenden V.). In diesem Zusammenhang legte sie dem Kläger am 17.11.2004 einen dreiseitigen Vertrag zur Auflösung des bisherigen Arbeitsverhältnisses und Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses zur V. vor (Anlage K 3 – Blatt 8 – 10 d. A.). Gemäß § 1 des Vertrages sollte Einigkeit darüber dokumentiert werden, dass das bisherige Arbeitsverhältnis zur V., D. T. AG mit Ablauf des 31.12.2004 einvernehmlich beendet wird. Der Kläger lehnte die Unterzeichnung dieses Vertrages ab.

Stattdessen schloss er mit Wirkung zum 01.01.2005 mit der V. einen vorformulierten Arbeitsvertrag. Diesem fügte er folgenden handschriftlichen Zusatz hinzu:

„Ich schließe diesen Arbeitsvertrag unter dem Vorbehalt, dass es sich um ein zumutbares Angebot nach TV Ratio der D. handelt, meine tarifvertraglichen Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis mit der D. korrekt gewährt werden, die Regelungen aus dem Tarifvertrag Beschäftigungsbündnis bei der D. eingehalten werden, der Arbeitsvertrag rechtmäßig ist.”

(Anlage B 1 – Blatt 41 f d. A.).

Mit Datum vom 06.05.2005 versandte die Beklagte ein Einwurf-Einschreiben an den Kläger mit folgendem Inhalt:

„Sehr geehrter Herr …

Gemäß den tarifvertraglichen Bestimmungen der Anlage 8 des TV Ratio sind Sie insoweit Ihrer Verpflichtung nachgekommen, ein Arbeitsverhältnis bei der V. T. S. GmbH & Co. KG (V.) aufzunehmen. Wir bedanken uns an dieser Stelle für Ihre bisherige Tätigkeit für die D. T. AG, die mit Annahme des Vertragsangebotes im Geschäftsmodell zum 01.01.2005 ihr Ende gefunden hat.

Für die Zukunft wünschen wir Ihnen alles Gute und viel Erfolg bei Ihrer neuen Tätigkeit.”

Der Kläger reagierte hierauf nicht. Der Zugang dieses Schreibens ist streitig.

Während der Kläger in der Folgezeit bei der V. arbeitete, gründete die Beklagte im Jahre 2007 drei neue Servicegesellschaften und überführte alle Monteurtätigkeiten dorthin.

Mit Wirkung zum 01.01.2008 wurde der Geschäftsbetrieb der V. veräußert. Das Arbeitsverhältnis ging durch Betriebsübergang auf die N. S. N. S. D. GmbH & Co. KG (im Folgenden: N.) über. Der Kläger arbeitete unverändert weiter. Aus Anlass regionaler Unterauslastung schlossen die Betriebsparteien der N. am 30.09.2009 einen Interessenausgleich und Sozialplan (Anlage B 3, Blatt 66 ff d. A.). Er weist aktuellen Personalanpassungsbedarf von run...

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