Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugnahmeklausel. dynamisch. Auslegung. Wechsel. BAT. TVöD. Teilverweisung. Bezugnahmeklausel bei Wechsel vom BAT zum TVöD

 

Leitsatz (amtlich)

Ist eine Teilverweisung auf einzelne Bestimmungen des BAT in dynamischer Form erfolgt, so liegt darin regelmäßig eine Verweisung auf die diese Regelungen ersetzenden TVöD-Normen.

 

Normenkette

TVöD § 20; TVÜ-VKA § 20; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 29.01.2008; Aktenzeichen öD 6 Ca 2540 b/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.01.2010; Aktenzeichen 4 AZR 591/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 29.01.2008 – öD 6 Ca 2540 b/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ein arbeitsvertraglich vereinbarter Sonderzuwendungsanspruch nach BAT besteht oder ob dieser durch den TVöD abgelöst wurde.

Der Kläger ist seit dem 01.04.2000 bei der Beklagten als Physiotherapeut tätig. Bis 1994 betrieb die tarifgebundene Stadt … die städtischen Kurbetriebe bzw. die Kurbetriebs-GmbH. Die Arbeitsverträge ihrer Mitarbeiter richteten sich mehrheitlich nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes. 1994 übernahm die nicht tarifgebundene Beklagte die städtischen Kurbetriebe. Bis Mitte Juni 1998 schloss sie neue Arbeitsverträge vorerst weiter in Anlehnung an den BAT bzw. BMT-G ab. Seit Juni 1998 werden bei der Beklagten ausschließlich frei vereinbarte Arbeitsverträge geschlossen, die – bis zur Änderung auch dieser Praxis im Jahre 2006 – lediglich hinsichtlich der Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf den BAT Bezug nehmen. Insgesamt 118 Beschäftigte der Beklagten, darunter auch der Kläger, haben einen Arbeitsvertrag mit folgender Regelung in § 3:

§ 3

„Das Gehalt beträgt monatlich DM… brutto …. Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird in Anlehnung an die jeweils gültigen Bestimmungen des BAT (Bundes-Angestellten-Tarifvertrag) gewährt.” (Anlage K1 – Bl. 3 d.A.).

Weitergehende Verweisungen und Bezugnahmen auf den BAT enthalten die Arbeitsverträge nicht.

Am 01.10.2005 traten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der Tarifvertrag zur Überleitung in den TVöD (TVÜ-VKA) in Kraft. In Anwendung des § 20 Abs. 1 TVÜ-VKA zahlte die Beklagte im Jahre 2005 Weihnachts- und Urlaubsgeld weiter nach den Regelungen des Sonderzuwendungs-TV des BAT. Mit Schreiben vom 16.05.2006 (Anlage K 2, Bl. 5 d.A.) teilte die Beklagte ihren Mitarbeitern mit, dass sie nach dem TVÜ-VKA ab 2006 nur noch eine Sonderzahlung zum Jahresende, jedoch kein Urlaubsgeld mehr zahlen werde. Auf eine prozentual berechnete Sonderzahlung werde gem. § 20 Abs. 3 TVÜ-VKA 2006 noch das gewohnte Urlaubsgeld hinzugerechnet. Im Jahre 2007 werde gemäß TVöD nur noch eine prozentuale Jahressonderzahlung mit der Novembervergütung ohne Urlaubsgeldaufschlag gezahlt. Entsprechend rechnete die Beklagte ab.

Die Beklagte zahlte dem Kläger im Jahre 2007 in Anwendung des § 20 Abs. 2 TVöD weder direkt noch indirekt ein Urlaubsgeld in Höhe von zuletzt 332,34 EUR brutto, jedoch zur Weihnachtszeit die tariflich festgelegte – höhere – Jahressonderzahlung. Der Kläger hat durch die Umstellung vom BAT auf § 20 Abs. 2 TVöD in 2007 letztendlich unter Berücksichtigung der im November 2007 gewährten Jahressonderzahlung noch 174,20 EUR brutto weniger an Sonderzuwendung erhalten. Hiermit ist er nicht einverstanden und hat am 4.10.2007 Klage erhoben. Er führt in Absprache mit der Beklagten stellvertretend für die insgesamt 180 Arbeitnehmer mit gleichlautendem Arbeitsvertrag den vorliegenden Zahlungsrechtsstreit, mit dem die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Anwendung der Sonderzuwendungstarifverträge des BAT anstelle der Anwendung des § 20 Abs. 2 TVöD begehrt wird.

Erstinstanzlich hat der Kläger noch beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 332,34 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagzustellung an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das geschah im Wesentlichen mit der Begründung, der Kläger habe keinen arbeitsvertraglich vereinbarten Anspruch auf Berechnung der Sonderzuwendungen nach dem BAT in der bis zum Inkrafttreten des TVÜ-VKA/TVöD geltenden Fassung. Bei § 3 Satz 2 des Arbeitsvertrages handele es sich um eine kleine dynamische Verweisung auf den BAT. Der TVöD ersetze den BAT im Sinne dieser Verweisung. Beim Wechsel von BAT zu TVöD handele es sich um eine Art Universalsukzession. Es liege auch keine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB vor. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 29.01.2008 verwiesen.

Gegen diese dem Kläger am 14.02.2008 zugestellte Entscheidung legte er am 12.03.2008 Berufung ein, die am 10.04.2008 begründet wurde.

Nach Korrektur seiner Berechnungen ergänzt und vertieft er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Seines Erachtens regelt § 3 des Arbeit...

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