Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Übung, Parkplatznutzung, unentgeltlich, Schriftform, Rechtsmissbrauch, Treu und Glauben, öffentlicher Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das bloße Ausweisen von Parkflächen mit Verkehrsschildern „nur für Mitarbeiter” und der Appell, diese Flächen anstatt Parkverbotszonen zu nutzen, begründet im öffentlichen Dienst keinen Anspruch der Mitarbeiter aus betrieblicher Übung auf unentgeltliche Nutzung von Parkmöglichkeiten.

2. Der Wechsel in eine privatrechtliche Rechtsform führt für sich genommen nicht dazu, dass die Grundsätze der betrieblichen Übung wie in der Privatwirtschaft Anwendung finden.

 

Normenkette

BMT-G § 4; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Entscheidung vom 15.11.2000; Aktenzeichen 5 Ca 2223 a/00)

 

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Berufungsklägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, ob dem Kläger und Berufungskläger (im Folgenden „Kläger”) ein Anspruch auf Einräumung unentgeltlicher Parkmöglichkeit gegenüber der Beklagten und Berufungsbeklagten (im Folgenden „Beklagte”) auf deren Gelände dem Grunde nach zusteht.

Der Kläger ist seit über 20 Jahren als Arbeiter in der Geltung des BMT-G bei der Beklagten beschäftigt. Er ist als Arbeitervertreter Mitglied des Betriebsrates der Beklagten.

Die Beklagte ist 1995 in eine gGmbH umgewandelt worden, einziger Gesellschafter ist der Kreis R….

Die Beklagte hatte auf ihrem Gelände ursprünglich drei Parkzonen (P1 bis P3) ausgewiesen. P1 und P3 waren den Mitarbeitern insofern vorbehalten, als dass vor den Einfahrten dieser Bereiche die Verkehrsschilder „Verbot für Fahrzeuge aller Art” sowie „nur für Mitarbeiter” aufgestellt waren. Diese sind im Rahmen der Umordnung bei Einweihung des neuen Parkhauses im Jahr 2000 abmontiert worden. P1 ist seit 1991 als Parkplatz eingerichtet, P3 bereits seit 1979.

Unter dem 25. August 1979 hat die Beklagte durch die Krankenhausleitung ein Schreiben verfasst, hinsichtlich dessen Inhalts auf die Akten (Bl. 24 f.) verwiesen wird. In Bezug auf Mitarbeiterparkplätze heißt es darin:

„Wir müssen deshalb an die Einsicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter appellieren, den ausgebauten großen Parkplatz des Stadtkrankenhauses R…, etwa 200 m von dem jetzigen provisorischen Eingang entfernt, zu benutzen. Im Gelände stehende Ge- und Verbotsschilder sollten beachtet werden.

Abschließend dürfen wir den Appell an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wiederholen, ihre Kraftwagen auf dem Parkplatz des Stadtkrankenhauses abzustellen, auch wenn 200 m zu Fuß zurückzulegen sind. Bitte, helfen Sie uns im Interesse der Aufgabe, die dem Stadtkrankenhaus gestellt ist.”

Die Nutzung der Parkmöglichkeit war unentgeltlich, wobei keine Platzgarantie für jeden Mitarbeiter bestand, im Gegenteil, zu ungünstigen Zeiten war regelmäßig kein freier Parkplatz zu finden, wie der Kläger im Termin der Berufungsverhandlung ausführte.

Die Beklagte entschloss sich, den Mitarbeitern nur noch entgeltliche Parkplätze zur Verfügung zu stellen. Damit waren der Kläger und der Betriebsrat nicht einverstanden. Im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens vereinbarten Betriebsrat und Beklagte, einen Musterprozess über die Frage durchzuführen, ob die Mitarbeiter einen individualrechtlichen Anspruch auf unentgeltliche Zurverfügungstellung von Parkmöglichkeiten innehaben. Zwischen Betriebsrat und Beklagter wurde Einvernehmen erzielt, dass die Mitarbeiter für den Fall, dass sie einen Anspruch aus betrieblicher Übung auf unentgeltliche Nutzung der Parkplätze P1 und P3 erworben haben, auch weiter Zugang zu diesen Bereichen bekommen.

Mit Schreiben vom 15. September 2000, bei Gericht am gleichen Tage eingegangen, reichte der Kläger absprachegemäß Musterklage ein.

Der Kläger war der Auffassung, dass die Beklagte ihm durch das Schreiben vom 25. August 1979 und die 20-jährige betriebliche Praxis einen Anspruch auf unentgeltliche Nutzung von Parkplätzen auf dem Betriebsgelände im Rahmen der betrieblichen Übung eingeräumt habe. Das Berufen auf das Schriftformerfordernis gem. § 4 Abs. 2 BMT-G sei rechtsmissbräuchlich.

Der Kläger beantragte,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine unentgeltliche Parkmöglichkeit auf dem Gelände des Kreiskrankenhauses R…. zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte führte aus, sie habe in der Vergangenheit lediglich den Verkehr auf dem Betriebsgelände geregelt. Daraus lasse sich keine für die Zukunft verbindliche Regelung im Sinne einer betrieblichen Übung hinsichtlich unentgeltlicher Nutzung ableiten. Im Übrigen sei diese Vergünstigung nicht schriftlich i. S. v. § 4 Abs. 2 BMT-G vereinbart worden.

DasArbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. November 2000 mangels Anspruchs aus betrieblicher Übung abgewiesen und ausgeführt, dass die Mitarbeiter das Verhalten der Beklagten nicht als für die Zukunft verbindliche Erklärung, kostenfreie Mitarbeiterparkplätze auf dem Betriebsgelände zur Verfügung zu stellen, hätten verstehen dürfen. Eine betrieb...

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