Revision / zugelassen nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

betriebsbedingte Kündigung während Kurzarbeit soziale Auswahl

 

Leitsatz (amtlich)

Während einer Kurzarbeitsperiode sind betriebsbedingte Kündigungen grundsätzlich zulässig.

Wird die soziale. Auswahl gerügt, obliegt es dem Arbeitgeber, die Vergleichspersonen unter Mitteilung der Sozialdaten darzulegen.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Urteil vom 01.07.1982; Aktenzeichen 3b Ca 530/82)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 1.7.1982 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der am 22.9.1932 geborene Kläger nahm am 1.11.1964 seine Tätigkeit im Betrieb der Beklagten auf. Von Anfang des Jahres 1980 bis in den Februar 1982 hinein war der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben. Als er am 17.2.1982 den Betrieb der Beklagten aufsuchte, um für den 18.2.1982 die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit anzuzeigen, bedeutete ihm die Beklagte, daß er wieder nach Hause gehen könne. Am 11.3.1982 hat der Kläger eine Kündigungsschutzklage erhoben – 3b Ca 433/82, Arbeitsgericht Elmshorn –.

Mit Schreiben vom 23.3.1982 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31.5.1982. Von Dezember 1981 bis Ende April 1982 hat die Beklagte kurzgearbeitet.

Der Kläger hat vorgetragen: Die Kündigung vom 17.2.1982 sei nichtig, weil der Betriebsrat nicht gehört worden sei; die Kündigung gemäß Schreiben vom 23.3.1982 sei sozial nicht gerechtfertigt. Die Beklagte habe nämlich die soziale Auswahl nicht ausreichend beachtet. Der Kläger habe mit großem Abstand die längste Betriebszugehörigkeit.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 17.2.1982 und diejenige vom 23.3.1982 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt.

die Klagen abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen: Nach der wirtschaftlichen Lage könne sie nicht damit rechnen, in absehbarer Zeit wieder so viele Aufträge zu erhalten, daß nach der Kurzarbeit auch der Kläger noch beschäftigt werden könne. Die soziale Auswahl sei ausreichend beachtet worden.

Das Arbeitsgericht Elmshorn hat durch Urteil vom 1.7.1982 festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 17.2.1982 nicht aufgelöst worden sei, ferner, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23.3. mit Ablauf des 31.5.1982 beendet worden sei. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, daß die wirtschaftliche Lage der Beklagten die Kündigung zum 31.5.1982 als betriebsbedingt rechtfertige und daß andere Mitarbeiter der Beklagten sozial nicht besser gestellt seien als der Kläger. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 9.7.1982 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6.8.1982 Berufung eingelegt und diese am 2.9.1982 begründet.

Der Kläger trägt vor: Zwar sei eine betriebsbedingte Kündigung während der Dauer von Kurzarbeit nicht ausgeschlossen, sie sei jedoch mit anderen Maßstäben zu messen. Eine betriebsbedingte Kündigung sei nur dann gerechtfertigt, wenn über die Gründe, die zur Einführung von Kurzarbeit geführt hätten, weitergehende inner- oder außerbetriebliche Gründe vorlägen, die eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers ausschlössen. Das sei z. B. dann der Fall, wenn der Arbeitgeber während der Kurzarbeit Rationalisierungsmaßnahmen oder organisatorische Umstellungen vornehme, durch die der Arbeitsplatz nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer wegfalle. Derartige Umstände habe die Beklagte nicht dargelegt; es sei daher kein Grund dafür ersichtlich, daß nicht auch der Kläger hätte in Kurzarbeit geschickt werden können.

Im übrigen habe die Beklagte die soziale Auswahl nicht ausreichend vorgenommen. Daß der Arbeitgeber bei der sozialen Auswahl einen gewissen Beurteilungsspielraum habe, treffe nicht zu. Die Frage der sozialen Auswahl müßten die Arbeitsgerichte aufgrund eigener Bewertung und Abwägung der sozialen Belange der in Betracht kommenden Arbeitnehmer beantworten. Sie seien nicht auf die Prüfung beschränkt, ob der Arbeitgeber wesentliche Gesichtspunkte berücksichtigt habe oder sich von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen. Daß der Betriebsrat der sozialen Auswahl nicht widersprochen habe, sei unerheblich; es gäbe keinen Erfahrungssatz, daß die Zustimmung des Betriebsrats die Vermutung der Richtigkeit der sozialen Auswahl in sich trage. Vor dem Kläger hätten daher die Arbeitnehmer S. H. H. C. und S. entlassen werden müssen. Nach der Punktetabelle des Landesarbeitsgerichts Hamm habe der Kläger die weitaus meisten Punkte; er sei damit deutlich schutzwürdiger als die Arbeitnehmer S. und H. Außerdem sei der Kläger über einen langen Zeitraum schwer erkrankt gewesen, so daß er es schwerer haben werde, eine neue Anstellung zu finden als die vergleichbaren Arbeitnehmer, die allesamt keine wesentlichen Krankheiten oder Gesundheitsschäden hätten.

Vorsorglich müsse be...

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