Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung. Zeugnis (Erteilung). Unvertretbare Handlung. Beschluss. Erfüllung. Kosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einer Zwangsvollstreckung nach §§ 887, 888 ZPO ist für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des angefochtenen Beschlusses grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Beschlussfassung maßgeblich, denn das Zwangsgeld soll den Schuldner zu einer bestimmten Handlung zwingen und ihn nicht für eine Unterlassung bestrafen. Erfüllt der Schuldner die zu vollstreckende Verpflichtung noch vor Erlass der Beschwerdeentscheidung, so ist der Zwangsgeldbeschluss aufzuheben.

 

Normenkette

ZPO §§ 887-888

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 18.01.2006; Aktenzeichen 6 Ca 1266/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Schuldners wird der das Zwangsgeld festsetzende Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18.1.2006 – 6 Ca 1266/05 – aufgehoben.

Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Schuldner gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes.

Die Klägerin war bei dem Beklagten seit dem 5.4.2004 als Kraftfahrerin im Fernverkehr beschäftigt. Mit Schreiben vom 15.4.2005 kündigte er das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise fristgerecht. Hiergegen hat die Klägerin am 25.4.2005 Klage erhoben. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.10.2005 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 15.4.2005 nicht fristlos oder zum 20.5.2005, sondern am 31.5.2005 geendet hat. Weiter hat es den Beklagten u. a. verurteilt, der Klägerin ein qualifiziertes, berufsförderndes Zeugnis mit Ausstellungsdatum 31.5.2005 zu erteilen. Eine vollstreckbare Ausfertigung dieses Urteils ist der Klägerin am 23.11.2005 erteilt worden.

Die Klägerin/Gläubigerin hat am 28.12.2005 beantragt, gegen in den Beklagten/Schuldner wegen der Nichterteilung des Zeugnisses ein Zwangsgeld festzusetzen. Der Schuldner hat hierauf nicht erwidert. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 18.1.2006 gegen den Schuldner ein Zwangsgeld in Höhe von 500 EUR, im Nichtbeitreibungsfall 3 Tage Zwangshaft, festgesetzt. Gegen diesen am 23.1.2006 zugestellten Beschluss hat der Schuldner am 1.2.2006 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

Die Parteien haben in der Berufungsverhandlung vom 14.2.2006 übereinstimmend erklärt, das Zeugnis sei inzwischen erteilt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat jedoch nur teilweise Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und Schuldners hat das Arbeitsgericht zutreffend den Zwangsgeldbeschluss erlassen. Die Voraussetzungen für die Einleitung der Zwangsvollstreckung, nämlich Titel (§ 704, § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), Klausel (§ 724 ZPO) und Zustellung (§ 750 ZPO), waren gegeben.

Auf die sofortige Beschwerde ist der Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts dennoch aufzuheben, weil der Beklagte und Schuldner inzwischen – allerdings mit erheblicher Verspätung – erfüllt hat. Bei der Zwangsvollstreckung nach §§ 887, 888 ZPO ist für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des angefochtenen Beschlusses grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Beschlussfassung maßgeblich. Das Zwangsgeld soll den Schuldner zu einer bestimmten Handlung zwingen und soll ihn – anders als bei dem Ordnungsgeld in § 890 ZPO – nicht für eine bestimmte Unterlassung bestrafen. Neue Tatsachen und Beweismittel sind deswegen zu berücksichtigen und zwar unabhängig davon, ob diese Tatsachen vor oder nach Erlass des Beschlusses des Arbeitsgerichts entstanden sind. Es wird geprüft, ob der Beschluss im Zeitpunkt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde noch ergehen darf. Hat der Schuldner nach Erlass des Zwangsgeldbeschlusses auf den Titel vollständig erfüllt, so ist der Beschluss aufzuheben und nur noch über die Kosten zu entscheiden (LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 11.03.2003 – 1 Ta 45/03 – unter Hinweis auf Ostrowicz/Künzel/Schäfer, Der Arbeitsgerichtsprozess, RZiff. 441; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 13.2.2004 – 2 Ta 25/04 –).

Da der Schuldner jedoch Anlass zu dem Zwangsgeldverfahren gegeben hat, sind ihm in entsprechender Anwendung von § 97 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1553157

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