Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhängung eines Zwangsgelds bei unvertretbaren Handlungen. Unmöglichkeit der Leistungserbringung des Schuldners

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 888 Abs. 1 ZPO ist auf Antrag vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme einer Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei, wenn die Handlung nicht durch einen Dritten vorgenommen werden kann, die ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt (sog. "unvertretbare Handlung"). Die Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch seinen Arbeitgeber ist eine solche unvertretbare Handlung.

2. Die Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch den Schuldner kann der Verhängung eines Zwangsgeldes entgegenstehen. Der Schuldner ist dafür in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig. Bei einer vom Schuldner vorgetragenen Unmöglichkeit der Beschäftigung sind strenge Voraussetzungen zu prüfen. Allein eine Organisationsänderung im Betrieb oder eine zwischenzeitlich vorgenommene Versetzung des Schuldners stehen der Verhängung eines Zwangsgeldes nicht entgegen, da es dadurch nicht unmöglich geworden ist, den Schuldner zu beschäftigen.

 

Normenkette

ZPO § 888 Abs. 1; GewO § 106

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 08.10.2018; Aktenzeichen 5 Ga 33 d/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten und die Anschlussbeschwerde des Klägers gegen den Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 08.10.2018 - 5 Ga 33 d/18 - werden zurückgewiesen.

Der Kläger trägt , die Beklagte der Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über die Berechtigung eines Zwangsgeldes sowie dessen Höhe.

Der Verfügungskläger (Kläger) ist ausweislich seines letzten Arbeitsvertrages als "Vertriebsdirektor Filialen D..." bei der Verfügungsbeklagten (Beklagten) beschäftigt. Zuletzt war er als Vertriebsdirektor W...D... eingesetzt. Hierbei ging es um den Aufbau einer künftigen digitalen "Filiale W...D...", die sowohl für Privat- als auch für Geschäftskunden der Beklagten geschaffen werden sollte.

Mit Schreiben vom 27.06.2018 stellte die Beklagte den Kläger von seinen Tätigkeiten frei und wies ihm auch nach Aufforderung durch dessen Prozessbevollmächtigten keine Tätigkeiten zu. Im darauf vom Kläger angestrengten einstweiligen Verfügungsverfahren verurteilte das Arbeitsgericht die Beklagte,

den Kläger als Vertriebsdirektor W...D... zu beschäftigen bis eine Entscheidung in der Hauptsache vorliegt.

Über die gegen das Urteil eingelegte Berufung ist noch nicht entschieden.

Zur Erzwingung der Verpflichtung aus diesem Urteil hat das Arbeitsgericht auf Antrag des Klägers durch Beschluss vom 08.10.2018 ein Zwangsgeld in Höhe von 7.500,-- EUR verhängt. Für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit des Zwangsgelds wurde für je 750,-- EUR ein Tag Zwangshaft, zu vollziehen am Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, festgesetzt.

Gegen den am 10.10.2018 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat, nachdem sie bis zum 22.10.2018 nicht begründet worden war. Der Kläger hat am 17.11.2018 Anschlussbeschwerde im Hinblick auf die Höhe des festgesetzten Betrags direkt beim Landesarbeitsgericht eingelegt.

Zur Begründung ihres Begehrens auf Zurückweisung des Zwangsgeldantrags trägt die Beklagte vor: Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts existiere die Tätigkeit des Klägers nicht unverändert fort. Da die vom Kläger zu leitende Einheit umstrukturiert worden sei, habe sich auch die Leitungstätigkeit des Klägers geändert. Damit kommt sie ihrer Beschäftigungspflicht nach.

Schon seit Beginn des vom Kläger geleiteten Projekts sei in ihrem Vorstand diskutiert worden, ob auch im digitalen Vertrieb die Segmente Privat- und Geschäftskunden getrennt werden sollten. In einem Vermerk des Abteilungsdirektors Vertriebsmanagement R... vom 28.08.2018 sei dringend vorgeschlagen worden, die beiden Bereiche wieder zu trennen und aufzuteilen in einen Bereich, der dem "Vertriebsdirektor W...D... Privat" unterstellt sei, und einen Bereich mit dem "Vertriebsdirektor W...D..." an der Spitze. Letzterer solle mit der Beratung von Gewerbekunden, Elektronikbanking und Giro/Zahlungsverkehr sowie mit Personalangelegenheiten befasst sein. Beide Bereiche seien dem Vertriebsvorstand, dem Vorstandsvorsitzenden T..., zugeordnet. Diese Aufteilung habe der Vorstand dann am 31.08.2018 beschlossen. Dem Kläger seien die Tätigkeiten des Vertriebsdirektors W...D... zugewiesen und er vorsorglich auch auf diesen Arbeitsplatz versetzt worden. Er werde daher von ihr entsprechend dem Tenor der einstweiligen Verfügung beschäftigt.

Das vom Kläger vorgelegte Organigramm der angeblichen bisherigen Strukturen (ASD 2, Blatt 65 c der Akte) bilde nur eine Zielstruktur im Rahmen des Projekts ab und sei überholt. Dem Kläger sei seine Arbeit auch möglich. Die notwendigen IT-Voraussetzungen seien gegeben.

Im Übrigen hat die Beklagte ers...

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