Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung. fiktive Reisekosten. Wohnort. Betriebssitz. Kostenerstattung fiktiver Reisekosten

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Erstattungsfähigkeit fiktiver Reisekosten trotz des Erstattungsausschlusses in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 Sätze 1-2; ArbGG § 12a Abs. 1 S. 1; JVEG §§ 19, 5 Abs. 2, 5

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 08.01.2009; Aktenzeichen 6 Ca 1761/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 08.01.2009 – 6 Ca 1761/08 – in Gestalt des Nicht-Abhilfe-Beschlusses vom 18.02.2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist die Höhe der von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten, hier der fiktiven Reisekosten.

Der Kläger trat am 01.11.2004 in die Dienste der R. Q. G. GmbH & Co. KG, die ihren Sitz in La./E. hatte. Mit Schreiben vom 26.03.2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die R. Q. G. GmbH & Co. KG sei mit der R.-Novo-Q. GmbH verschmolzen worden und der gemeinsame Firmenname laute ab sofort R. Q. (G.) GmbH, wobei der Firmensitz … Lw. sei. Für den Kläger ergäben sich daraus keinerlei Änderungen. Mit einem dem Kläger am 10.06.2008 zugegangenen Schreiben kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2008 und bot ihm gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist am Arbeitsort in … 704 Lw. fortzusetzen.

Der Kläger hat dagegen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Lübeck erhoben und als Adresse der Beklagten in der Klagschrift Lw. genannt. Das Arbeitsgericht hat die Zustellung der Klage dort veranlasst und gleichzeitig zum für den 10.07.2008 bestimmten, dann letztendlich auf den 24.07.2008 verlegten Gütetermin das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers der Beklagten angeordnet. Die Ladung war gerichtet an die Adresse in Lw.. Trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens erschien der Geschäftsführer der Beklagten im Gütetermin kommentarlos nicht. Statt seiner nahm vielmehr sein in H. residierender Prozessbevollmächtigter den Gütetermin wahr. An diesem Tag fanden insgesamt drei Parallel-Güteverhandlungen statt. Die Güteverhandlung blieb erfolglos. Es wurde Kammertermin für den 23.09.2008 anberaumt und wiederum das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers der Beklagten angeordnet. Auch zu diesem Termin erschien der Geschäftsführer ohne Kontaktaufnahme zum Gericht nicht.

Das Arbeitsgericht hat am 23.09.2008 die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13.10.2008 beantragt, die ihr von dem Kläger zu erstattenden Kosten (fiktive Reisekosten) mit 1.064,11 EUR festzusetzen. Ausgehend von fiktiven Kosten eines Hin- und Rückfluges von Zürich nach Hamburg in Höhe von 708,– EUR errechnete sie für die Güteverhandlung im Hinblick auf die Tatsache, dass an diesem Tag drei Termine stattfanden, für die Flugkosten einen Kostenansatz von 236,00 EUR, für den Kammertermin in Höhe von 708,– EUR. Außerdem hat sie fiktive Fahrtkosten für eine Fahrt des Geschäftsführers von seiner Wohnung zum Züricher Flughafen und vom Hamburger Flughafen zum Arbeitsgericht Lübeck – hin und zurück – in Höhe von insgesamt 90,08 EUR errechnet und für die Güteverhandlung mit 30,03 EUR (ein Drittel) und für die Kammerverhandlung mit 90,08 EUR in Ansatz gebracht.

Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben anwaltlich versichert, dass an dem Standort der Beklagten in La. weder der Geschäftsführer der Beklagten während der Dauer des Rechtsstreits ansässig gewesen sei noch dort ein eigenes Büro unterhalten habe. Auch habe es dort keine zur Vertretung vor Arbeitsgerichten geeignete oder berechtigte Person gegeben. Der Geschäftsführer der Beklagten treffe sämtliche Entscheidungen alleine. Er habe auch nicht in Lw. einen gewöhnlichen Aufenthalt. Er unterhalte dort kein Büro und sei dort nicht wohnhaft, sondern besuche in unregelmäßigen Abständen die Standorte Lw. und La.. Sein Büro, Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthaltsort sei der Ort M. in der Schweiz, und zwar in den Räumen der R. AG, einer Aktiengesellschaft Schweizer Rechts.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben demgegenüber anwaltlich versichert, dass die Beklagte sowohl in La. als auch in Lw. Betriebsleiter eingesetzt habe. Diese hätten die Beklagte im Gütetermin vertreten können.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.01.2009 die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten in Höhe von 328,– EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, es sei abzustellen auf die Fahrtkosten von Lw. nach Lübeck, wobei der Kilometer mit 0,25 EUR zu berechnen sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Kostenfestsetzungsbeschlusses wird Bezug genommen auf Blatt 84 bis 85 d. A.. Gegen diesen ihr am 19.01.2009 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 29.01.2009 (Eingang) sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Beklagte behauptet, der Kläger habe ge...

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