Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsanspruch eines Beisitzer der Einigungsstelle bei ordnungsgemäßer Bestellung trotz verfahrensfehlerhafter Ladung zur Betriebsratssitzung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine mangels Übermittlung der Tagesordnung verfahrensfehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats in der Betriebsratssitzung geheilt werden, wenn dieser beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die anwesenden Betriebsräte einstimmig beschließen, dass über die Punkte der Tagesordnung beraten und abgestimmt wird. Dies gilt auch dann, wenn dieser Zustimmungsbeschluss erst im Laufe der Betriebsratssitzung gefasst wird und wenn bereits über einige TOP verhandelt und abgestimmt wurde.

 

Normenkette

BetrVG § 76a Abs. 3, §§ 34, 33 Abs. 1-2, § 29 Abs. 2 S. 3, § 76a Abs. 3 S. 1; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Entscheidung vom 24.06.2015; Aktenzeichen 1 BV 51/14)

 

Tenor

  1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Flensburg vom 24.06.2015 - Az. 1 BV 51/14 - wird abgeändert und der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an den Antragsteller 8.129,61 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2012 zu zahlen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über den Vergütungsanspruch des Antragstellers als Beisitzer zweier Einigungsstellen, die bei der Antragsgegnerin (künftig Arbeitgeberin) gebildet waren.

Bei der Arbeitgeberin handelt es sich um ein Unternehmen mit zahlreichen bundesweiten Betriebsstätten. Der Betriebsrat der Arbeitgeberin besteht aus 31 Mitgliedern. Bei der Arbeitgeberin waren im Jahr 2011 zwei Einigungsstellen gebildet worden. Eine betraf den Regelungsgegenstand "Überstunden" und eine weitere den Regelungsgegenstand "Arbeitszeit im Verkauf" bzw. "Personaleinsatzplanung".

Vorsitzende dieser beiden Einigungsstellen war jeweils die Direktorin des Arbeitsgerichts Neumünster Frau R.-S.. Der Antragsteller nahm an Sitzungen der Einigungsstelle "Überstunden" am 29.08. und 23.09.2011 sowie an einer Sitzung der Einigungsstelle "Personaleinsatzplanung" am 27.09.2011 teil. Dessen Fahrtkosten für diese drei Sitzungen betrugen für den Beteiligten zu 1. 974,61 € und die Übernachtungskosten 491,00 €. Als Honorar brachte der Antragsteller 7/10 des von der Vorsitzenden der Einigungsstelle angesetzten Honorars in Ansatz.

In dem Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Flensburg - 1 BV 42/11 - schlossen die Betriebsparteien am 26.09.2011 eine "Mediationsvereinbarung für eine Außergerichtliche Mediation" mit u. a. folgendem Inhalt:

"...

5. Es verbleibt bei dem Einigungsstellentermin vom 27.09.2011, an dem neben den Herren L. und R. auf Betriebsratsseite zwei Betriebsratsmitglieder teilnehmen werden. In diesem Termin wird diese Mediationsvereinbarung vorgelegt.

Die weitere Fortsetzung der laufenden Einigungsstellenverfahren soll im Mediationsverfahren thematisiert werden. Sie soll nur im Einvernehmen erfolgen.

...

10. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die Kosten der Telekanzlei L. und Kollegen wie folgt von der Arbeitgeberin getragen werden:

...

c) Für die laufenden Einigungsstellenverfahren: Das Honorar beträgt für angefallene und noch anfallende Tätigkeiten 85 % des Honorars der Vorsitzenden."

Am 18.05.2011 fand eine ordentliche Sitzung des Betriebsrates statt, zu der geschäftsordnungsgemäß zu 12:00 Uhr eingeladen worden war. Die Tagesordnung war den Geladenen gemäß der Geschäftsordnung des Betriebsrates zehn Tage vorher mitgeteilt worden. Diese Sitzung fand tatsächlich erst in der Zeit von 14:36 Uhr bis 17:16 Uhr im unmittelbaren Anschluss an eine zuvor von 10:00 Uhr bis 14:35 Uhr stattgefundenen außerordentlichen Betriebsratssitzung statt. Die ordentliche Betriebsratssitzung wurde von der damaligen Betriebsratsvorsitzenden B. geleitet.

Die außerordentliche Betriebsratssitzung leitete der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende H.. Der Betriebsrat hatte zu dieser außerordentlichen Betriebsratssitzung frühestens einen Tag und ohne Mitteilung der Tagesordnung eingeladen. Die Tagesordnung zur außerordentlichen Sitzung wurde zu Beginn der außerordentlichen Sitzung mittels Beamer den Teilnehmern bekanntgegeben.

In dem Protokoll zur außerordentlichen Betriebsratssitzung vom 18.05.2011 sind u. a. folgende Tagesordnungspunkte aufgelistet (Bl. 74 ff. d. A.):

"...

Top 22 Beschluss des Betriebsrats zur Anrufung der Einigungsstelle zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema "Arbeitszeit im Verkauf"; Festlegung des Vorsitzenden und der Beisitzer der Einigungsstelle; Bestellung von RA L. von der Telekanzlei L. & Partner/RA K., Herr R., Frau B., Herr M. als Beisitzer/Verfahrensbevollmächtigten

...

Top 38 Beschluss des Betriebsrats zur Anrufung der Einigungsstelle zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema "Überstunden"; Festlegung des Vorsitzenden und der Beisitzer der Einigungsstelle; Bestellung von RA L. von der Telekanzlei L. & Partner/RA K., Herr R., Frau ...

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