Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung. Zeugniserteilung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine nicht gehörige Erfüllung durch Ausstellung eines offensichtlich nicht ordnungsgemäßen Zeugnisses ist der Nichterfüllung gleich zu erachten.

2. Ein qualifiziertes Zeugnis muss Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit enthalten und sich darüber hinaus auf Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis erstrecken (§ 109 Abs. 1 S. 2 und 3 GewO). Es ist nicht ausreichend, nur die Leistung oder das Verhalten zu beurteilen, da das Zeugnis ein Gesamtbild ergeben soll.

3. Geburtsdatum und Geburtsort gehören nicht zum nach § 109 Abs. 1 S. 2 und 3 GewO erforderlichen Inhalt des einfachen oder qualifizierten Zeugnisses. Diese Angaben sind nur im Einverständnis des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin aufzunehmen.

 

Normenkette

ZPO § 888

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 16.12.2011; Aktenzeichen 5 Ca 1604/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 16.12.2011 – 5 Ca 1604/11 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien um die Wirksamkeit einer Kündigung sowie um Zahlung. Der Rechtsstreit endete durch einen vom Arbeitsgericht mit Be-schluss vom 12.09.2011 festgestellten Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO. Gemäß Ziffer 3 dieses Vergleichs verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin unter dem Ausstellungsdatum „30. Juni 2011” ein qualifiziertes Zeugnis mit einer guten Leis-tungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen.

Auf ihren Antrag erteilte das Arbeitsgericht der Klägerin eine vollstreckbare Ausfertigung des mit Beschluss vom 12.09.2011 festgestellten Vergleichs. Eine Ausfertigung des Vergleichs wurde der Beklagten am 26.10.2010 zugestellt. Die Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom 29.11.2011, gegen die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR und ersatzweise Zwangshaft festzusetzen. Sie führte zur Begründung aus, die Beklagte habe ihr bislang kein qualifiziertes Zeugnis erteilt. Die zu dem Antrag angehörte Beklagte übersandte die Kopie eines Arbeitszeugnisses mit Datum 30.06.2011. Das Zeugnis hat folgenden Wortlaut:

„Frau Y. war vom 01.05.2009 bis 30.06.2011 als Reinigungskraft auf Minijob Basis in unserer Firma beschäftigt.

Frau Y. hat ihre Arbeiten zu unserer vollsten Zufriedenheit ausgeführt, und war ausnahmslos pünktlich. Ihre Haltung gegenüber Vorgesetzten und Kunden war einwandfrei.”

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 16.12.2011 gegen die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR – im Nichtbeitreibungsfall 2 Tage Zwangshaft für den Geschäftsführer der Schuldnerin, H. – festgesetzt. Mit dem vorgelegten Zeugnis habe die Beklagte ihrer Verpflichtung, ein qualifiziertes Zeugnis mit einer guten Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, nicht genügt.

Gegen den ihr am 21.12.2011 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 22.12.2011 Beschwerde eingelegt. Sie hat ihr Rechtsmittel nicht weiter begründet.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt (Nichtabhilfebeschluss vom 06.01.2011 = Bl. 64 d. A.).

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Arbeitsgericht hat die „Beschwerde” der Beklagten zutreffend als sofortige Beschwerde ausgelegt. Erkennbar wendet sich die Beklagte gegen den Zwangs-geldbeschluss vom 16.12.2011. Die sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss ist gemäß § 78 Satz 1 ArbGG, §§ 567 ff., 793 statthaft. Sie ist form- und fristgerecht nach § 569 ZPO eingelegt worden und damit insgesamt zulässig.

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht gegen die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR, ersatzweise Zwangshaft festgesetzt.

a) Die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung des Zwangsvollstreckungs verfahrens liegen vor. Zu dem Vergleich vom 12.09.2011 (Titel gemäß §§ 704, 794 ZPO) ist eine vollstreckbare Ausfertigung (§ 724 ZPO) erteilt worden. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Vergleich der Beklagten am 26.10.2011 zugestellt worden ist (§§ 750, 794 Abs. 1 Nr. 1, 794 ZPO). Die Zustellung hatte nicht von Amts wegen durch das Gericht, sondern im Parteibetrieb zu erfolgen. Der Feststellungsbeschluss des Arbeitsgerichts, der den Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO beinhaltet, ist keine von Amts wegen zuzustellende Entscheidung im Sinne des § 329 Abs. 3 ZPO (Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 329 Rn. 27).

b) Die Beklagte hat die im Vergleich eingegangene Verpflichtung, der Klägerin ein qualifiziertes, mit dem Datum 30.06.2011 versehenes Zeugnis zu erteilen, nicht erfüllt (§ 362 BGB). Zudem handelt es sich hierbei um ein offenkundig nicht ordnungsgemäßes Zeugnis. Eine nicht gehörige Erfüllung durch Ausstellung eines offensichtlich nicht ordnungsgemäßen Zeugnisses ist der Nichterfüllung gleich zu erachten (ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 109 GewO Rn. 76).

aa) Das Zeugnis, das die Beklagte der Klägeri...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge