Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde. Kostenfestsetzung. Verweisung. Amtsgericht. Rechtswegverweisung. Sachliche Zuständigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG sind nach der Verweisung des Rechtsstreits aus der ordentlichen in die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht nur die Kosten erstattungsfähig, die beim unzuständigen Gericht angefallen sind. „Mehrkosten” der Anrufung des unzuständigen Gerichts sind die vor dem ordentlichen Gericht erwachsenen Gebühren ohne Rücksicht darauf, ob die Partei durch denselben Rechtsanwalt vor dem Arbeitsgericht vertreten war und ob derselbe Gebührentatbestand nach der Verweisung nochmals verwirklicht wurde.
Normenkette
ArbGG § 12a Abs. 1 S. 3; BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1, §§ 26, 25 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Beschluss vom 19.02.2002; Aktenzeichen 2 Ca 166/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Flensburg vom 19.2.2002 – 2 Ca 166/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Wert: 307,40 EUR
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger hat vor dem Amtsgericht in K. Klage auf Unterlassung einer Behauptung erhoben. Das Amtsgericht hat sich mit Beschluss vom 23.1.2002 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht in Flensburg verwiesen. In der Verhandlung vom 19.2.2002 hat der Kläger die Klage zurückgenommen. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger mit Beschluss vom selben Tag die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts und evtl. Anwaltskosten, die vor dem Amtsgericht K. entstanden sind, auferlegt. Hiergegen richtet sich die am 12.3.2002 mit Fax und 14.3.2002 im Original eingegangene Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat
II.
Die zulässige Beschwerde hat nicht Erfolg.
Wie das Arbeitsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss ausgeführt hat, ist die sofortige Beschwerde rechtzeitig eingelegt worden, da eine Rechtsmittelbelehrung nicht erteilt worden war, § 9 Abs. 5 S. 4 ArbGG.
Die Beschwerde ist aber unbegründet. Er kann sich nicht auf die Regelung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG berufen, wonach in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes besteht. Vielmehr ist ihm § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG entgegenzuhalten.
Da der Kläger die Klage zunächst bei dem sachlich unzuständigen Amtsgericht erhoben hatte, gilt hier nicht der Ausschluss der Kostenerstattungspflicht nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG. Vielmehr sind die dem Kläger vor dem Amtsgericht entstandenen Kosten, nämlich die Prozessgebühr, § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, und die Telekommunikationsgebühr, § 26 BRAGO, einschließlich der hierauf entfallenden Umsatzsteuer, § 25 Abs. 2 BRAGO, zu erstatten, § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG.
Es sind hier nicht nur die Kosten erstattungsfähig, die ausschließlich beim sachlich unzuständigen Gericht angefallen sind. Als „Mehrkosten” der Anrufung des sachlich unzuständigen Gerichts anzusehen sind die vor dem ordentlichen Gericht erwachsenen Gebühren ohne Rücksicht darauf, ob die Beklagte durch denselben Rechtsanwalt vor dem Arbeitsgericht vertreten und ob derselbe Gebührentatbestand nach der Verweisung nochmals verwirklicht wurde (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 7.9.1988 – 5 Ta 134/88 – LAGE Nr. 11 zu § 12a ArbGG, m.w.N.; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 26.2.1999 – 3 Ta 21/99 –). Der Kläger, der fehlerhaft die Klage zunächst beim unzuständigen Gericht einreicht, soll das volle Erstattungsrisiko tragen. Das gilt auch hier.
Da es sich bei der Regelung des § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG um einen allgemeinen Grundsatz handelt, ist hier auch nicht Raum für Erwägungen, ob die Beklagte den Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht zunächst ohne anwaltliche Hilfe hätte führen müssen. Von einer vor dem unzuständigen Gericht verklagten Partei kann nicht erwartet werden, dass sie zunächst nach Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht im Interesse des Gegners das Anwaltsmandat beendet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens ist nach den unter Berücksichtigung eines für die Hauptsache angenommenen Wertes von 4.000 EUR (§ 8 Abs. 2 ArbGG) angefallenen Rechtsanwaltsgebühren (Prozessgebühr, Telekommunikationsgebühr und Umsatzsteuer) zu ermitteln.
Fundstellen