Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Ermahnung

 

Leitsatz (amtlich)

Der neben dem Antrag, eine Mißbilligung aus der Personalakte zu entfernen, gestellte Antrag, diese auch zurückzunehmen, hat gegenüber dem Entfernungsantrag regelmäßig allenfalls dann eigenständige Bedeutung, wenn die Mißbilligung nur aus formellen Gründen zu beseitigen ist.

 

Normenkette

BGB § 1004

 

Verfahrensgang

ArbG Stendal (Urteil vom 28.02.2001; Aktenzeichen 4 Ca 2410/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 28.02.2001 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 28.02.2001 insoweit aufgehoben, als es die Klage im Übrigen abgewiesen hat.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger klagt auf Rücknahme der Ermahnung vom 23.10.2000 und deren Entfernung aus seiner Personalakte.

Mit Urteil vom 28.02.2001, auf das zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Stendal (4 Ca 2410/00) die Beklagte verurteilt, die Ermahnung vom 23.10.2000 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits beiden Parteien je zur Hälfte auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne die Entfernung der Ermahnung aus der Personalakte verfangen, weil sie erst zwei Jahre nach dem beanstandeten Vorfall ausgesprochen worden ist. Dies sei als Verstoß gegen die Fürsorgepflicht unzulässig. Die Klage sei hingegen unbegründet, soweit der Kläger die Rücknahme der Ermahnung von der beklagten Stadt verlange. Zur Durchsetzung dieses Anspruches müsse der Kläger beweisen können, dass die Ermahnung unwahre Tatsachenbehauptungen enthalte. Insoweit habe der Kläger aber keinen Beweis angeboten.

Gegen dieses ihr am 30.05.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 26.06.2001 eingelegte und – nach Fristverlängerung – am 24.08.2001 begründete Berufung der beklagten Stadt. Die Beklagte macht geltend, der Verwirkungseinwand des Klägers gehe fehl. Dem Kläger sei mitgeteilt worden, dass der Ausgang des Strafverfahrens (gegen den Investor …) abgewartet werden sollen. Darüber sei auch eine entsprechende Verständigung der Parteien Anfang Juni 1999 erfolgt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal – 4 Ca 2410/00 – vom 28.02.2001 abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen, als die Entfernung der Ermahnung vom 23.10.2000 aus der Personalakte des Klägers begehrt wird.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der (unselbständigen) Anschlussberufung beantragt der Kläger,

unter Abänderung des klageabweisenden Teils des Urteils des Arbeitsgerichts Stendal vom 28.02.2001 – 4 Ca 2410/00 – die Beklagte zu verpflichten, die Ermahnung vom 23.10.2000 zurückzunehmen und aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger macht geltend, soweit das Arbeitsgericht meine, der Anspruch des Klägers auf Rücknahme der Ermahnung vom 23.10.2000 sei nur begründet, wenn er beweisen könne, dass die Ermahnung unwahre Tatsachenbehauptungen enthalte, wofür er jedoch keinen Beweis angeboten habe, treffe dies nicht zu. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz des Klägers vom 26.09.2001 (Bl. 117 bis 121 d. A.).

Auch wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die beklagte Stadt zu Recht verurteilt, die Ermahnung vom 23.10.2000 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Klage ist zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, kann der Arbeitnehmer die Berechtigung einer missbilligenden Äußerung des Arbeitgebers gerichtlich überprüfen lassen, wenn sie nach Form und Inhalt geeignet ist, ihn in seiner Rechtsstellung zu beeinträchtigen. Hierzu gehören auch schriftliche Rügen und Verwarnungen, die zu den Personalakten genommen werden; denn solche formellen Rügen können, wenn sie unberechtigt sind, Grundlage für eine falsche Beurteilung des Arbeitnehmers sein und dadurch sein berufliches Fortkommen behindern oder andere arbeitsrechtliche Nachteile mit sich bringen (BAG AP Nr. 4 und 8 zu § 611 BGB Abmahnung mit weiteren Nachweisen). Die streitgegenständliche Ermahnung ist geeignet, den Kläger beruflich zu benachteiligen. Es handelt sich zwar nicht um eine Abmahnung, weil dem Kläger für den Wiederholungsfall keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen angedroht werden. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gleichwohl gegeben. Die Beklagte macht sich in der Ermahnung den Vorwurf des Mitbewerbers … zu eigen, der Kläger habe diesen im Rahmen seiner Amtsausübung „belogen”. Der Satz, es sei davon auszugehen, Herr … habe diesen Vorwurf nicht unberechtigt erhoben, kann nicht anders verstanden...

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