Verfahrensgang

ArbG Dessau (Urteil vom 21.10.1994; Aktenzeichen 6 Ca 73/94)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil desArbeitsgerichts Dessau vor21.10.1994 teilweise abgeändert:

Unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils vom 29.06.1994 wird festgestellt, daß die von der Beklagten zu berücksichtigende Beschäftigungszeit des Klägers am 01.01.1991 begonnen hat.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 6/7 der Kläger und zu 1/7 die Beklagte mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis des Klägers im Termin vom 29.06.1994 entstanden sind; diese trägt der Kläger.

4. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die kraft Organisationszugehörigkeit tarifgebundenen Parteien streiten über die Anrechnung von Beschäftigungszeiten gemäß § 6 des Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe-Ost (BMT-G-O).

Der Kläger war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 12 – 13 d.A.) seit dem 25.04.1988 bei dem VEB (K) Stadt- und Gemeindewirtschaft Köthen (im folgenden VEB) beschäftigt. Dessen Aufgaben führte die beklagte Stadt nach dem Beitritt fort. Am 11.06.1991 schlossen die Parteien einen Vertrag, wonach der Kläger ab dem 01.07.1991 auf der Grundlage des BMT-G-O in Lohngruppe V weiterbeschäftigt wurde. Am 09.03.1992 forderte die Beklagte den Kläger unter gleichzeitiger Übergabe eines Fragebogens auf, einen Antrag zur Anerkennung von Beschäftigungszeiten an die Personalabteilung zu stellen. In dem Fragebogen wurde nach etwaigen Ausschlußtatbeständen für anzurechnende Beschäftigungszeiten i.S.d. Nr. 4 der Übergangsvorschriften zu § 6 BMT-G-O (z. B. MfS-Tätigkeit, besondere persönliche Systemnähe) gefragt. Die beiliegende Empfangsbestätigung enthielt einen Hinweis auf die Ausschlußfrist von 6 Monaten für den Nachweis der Beschäftigungszeiten gemäß § 8 BMT-G-O i.V.m. der hierzu ergangenen Übergangsvorschrift.

Der Kläger beantragte die Anerkennung von Beschäftigungszeiten ab dem 25.04.1988. Antrag und ausgefüllten Fragebogen übergab er am 03.11.1992 der Beklagten. Diese erkannte eine Beschäftigungszeit ab dem 01.07.1991 an. Die Anerkennung früherer Zeiten lehnte sie unter Hinweis auf die Versäumung der Ausschlußfrist für ihren Nachweis ab.

Mit der Klage begehrt der Kläger die volle Anrechnung der Beschäftigungszeit. Er hat geltend gemacht, daß der Beklagten – unstreitig – aus seiner Personalakte bekannt war, daß er ab dem 25.04.1988 bei dem VEB beschäftigt gewesen sei. Eines Nachweises hierfür habe es daher nicht mehr bedurft. Die im Fragebogen geforderten Angaben seien der Beklagten zum einen aus seinen Personalbögen vom 28.02.1984 und 22.04.1988 und zum anderen aus einer gesonderten Befragung der freigestellten Personalratsmitglieder zu einer MfS-Verstrickung im Jahre 1991 bekannt gewesen.

Am 29.06.1994 hat das Arbeitsgericht gegen den Kläger, der keinen Antrag gestellt hatte, ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen. Gegen das ihm am 13.07.1994 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger mit einem am 15.07.1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.

Er hat beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 29.06.1994 festzustellen, daß die von der Beklagten zu berücksichtigende Beschäftigungszeit des Klägers am 25.04.1988 begonnen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 29.06.1994 aufrechtzuerhalten.

Sie hat sich auf die Versäumung der Nachweisfrist berufen und darauf hingewiesen, daß das Innenministerium des Landes Sachsen-Anhalt in einem Schreiben vom 14.02.1994 (Bl. 83 – 85 d.A.) diese Rechtsauffassung geteilt habe. Aus der Personalakte sei zu einer MfS-Verstrickung und zu besonderer persönlicher Systemnähe des Klägers für den fraglichen Zeitraum ab 25.04.1988 bis zur Einreichung des ausgefüllten Fragebogens nichts ersichtlich gewesen. Insoweit habe der Kläger seine Nachweispflicht nicht fristgerecht erfüllt. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die in der Umbruchphase vor dem Beitritt gegebene Möglichkeit, die Personalakten einzusehen und ggf. Unterlagen daraus zu entfernen. Allerdings erkenne sie die Beschäftigungszeit ab dem 01.01.1991 an, da die Ausschlußtatbestände der Nr. 4 der Übergangsvorschrift zu § 6 BMT-G-O nur für die Zeit vor dem 01.01.1991 Wirkung hätten.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 21.10.1994 das klageabweisende Versäumnisurteil aufrecht erhalten und darauf abgestellt, daß der Kläger die Nachweispflicht versäumt und außerdem die Übernahme des VEB durch die beklagte Stadt nicht näher dargelegt habe.

Gegen das ihm am 23.11.1994 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.12.1994 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 22.02.1995 – am 22.02.1995 begründet. Er trägt vor, daß der VEB bis zum 30.06.1991 den BMT-G-O angewendet habe. Im übrigen macht er weiter geltend, daß Nachweise für Beschäftigungszeiten nicht zu erbringen seien, die dem Arbeitgeber aus seinen Personalunterlagen ohnehin bereits bekannt sei...

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