Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung in einem Gruppenarbeitsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn bei einer aus zwei Personen bestehenden Eigengruppe die Arbeitsleistung nicht getrennt erbracht werden kann, scheidet aus verhaltensbedingten Gründen eine Einzelkündigung aus; einer Eigengruppe kann dann nur gemeinsam gekündigt werden.

2. Vor einer verhaltensbedingten Kündigung gegenüber einer solchen Eigengruppe ist nicht nur das Gruppenmitglied abzumahnen, das einen Vertragsverstoß begangen hat. Auch gegenüber dem anderen Gruppenmitglied ist eine Abmahnung auszusprechen.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 242, 1004

 

Verfahrensgang

ArbG Naumburg (Entscheidung vom 15.09.1999; Aktenzeichen 5 Ca 603/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Naumburg vom 15.09.1999 – 5 Ca 603/99 – insoweit abgeändert, als der Beklagte verurteilt wurde, die gegenüber dem Kläger zu 1 ausgesprochene Abmahnung vom 18.01.1999 aus der Personalakte zu entfernen und die Klage auch insoweit abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin Ziffer 2 wird zurückgewiesen.

Die Kläger Ziffer 1 und 2 tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit je einer Abmahnung.

Der am 22.01.1952 geborene Kläger Ziffer 1 und die am 27.04.1961 geborene Klägerin Ziffer 2 sind Eheleute. Der Kläger Ziffer 1 ist seit 1984, die Klägerin Ziffer 2 seit 1989 bei dem beklagten Verein bzw. dessen Rechtsvorgänger beschäftigt. Seit dem 01.09.1991 sind beide Kläger gemeinsam als „Herbergseltern” mit der Führung und Verwaltung der Jugendherberge … beauftragt. Entsprechend den Regelungen des zwischen dem Kläger Ziffer 1 als „Herbergsvater”, der Klägerin Ziffer 2 als „Herbergsmutter” und dem Vorstandsvorsitzenden und dem Geschäftsführer des Landesverbandes am 31.03.1993 unterzeichneten Dienstvertrags (Bl. 72 – 79 d.A.) haben die „Herbergseltern” unter anderem nach § 6 des Dienstvertrags die Jugendherberge nach den Bestimmungen und Grundsätzen des Deutschen Jugendherbergswerks zu führen, zu verwalten und die ihnen übertragenen Dienstobliegenheiten gewissenhaft zu erfüllen.

Den Klägern als „Herbergseltern” obliegen dabei insbesondere alle Arbeiten und Aufgaben, um die Herbergsgäste zu betreuen, die Jugendherberge zu bewirtschaften und Grundstück, Haus und Einrichtungen zu verwalten und zu pflegen.

Das monatliche Gehalt der Kläger belief sich zuletzt auf je DM 5.000,00.

Mit Schreiben von 18.07.1997 hat der Beklagte die Arbeitsverhältnisse der Kläger fristlos und zugleich vorsorglich fristgemäß zum nächstzulässigen Termin gekündigt. Mit Urteil vom 07.10.1998 – 9 Sa 120/98 – hat das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt festgestellt, dass sowohl die außerordentliche Kündigung als auch die vorsorglichen ordentlichen Kündigungen unwirksam sind. In den Gründen hat das Landesarbeitsgericht unter anderem ausgeführt, dass die Klägerin Ziffer 2 im Frühjahr 1996 objektiv ihre Vertragspflicht rechtswidrig verletzt habe. Als Reaktion auf diesen vertraglichen Verstoß sei eine Abmahnung angemessen und ausreichend gewesen.

Mit Schreiben vom 14.01.1999 hat der Beklagte gegenüber der Klägerin Ziffer 2 folgende Abmahnung ausgesprochen:

„Magdeburg, den 14.01.1999

Abmahnung

Sehr geehrte Frau

in der Vergangenheit ist es zu zwei erheblichen Vertragsverstößen gekommen, die wir nicht hinnehmen können. Hierbei handelt es sich um den Sachverhalt, welcher Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt war, welcher Ihnen daher auch bekannt sein sollte. Das Landesarbeitsgericht selber hat festgestellt, daß der vorliegende Sachverhalt sowohl eine fristlose als auch eine fristgemäße Kündigung dem Grunde nach rechtfertigen würde. Im einzelnen: Sie haben – dies wurde auch durch Sie eingeräumt – entgegen der Anweisung zur Führung einer Jugendherberge Gelder aus der Kasse entnommen, ohne daß ein entsprechender Beleg ausgestellt wurde. Gleichzeitig haben Sie die privaten Geldmittel nicht von denen der Jugendherberge getrennt gehalten. Diesen Sachverhalt haben Sie auch mit dem in der Anlage nochmals beigefügten Schreiben vom 10.07.1997 eingeräumt.

Auch haben Sie Ausgaben im März und Mai 1996 gegenüber der Hauptkasse der Jugendherberge nicht exakt abgerechnet, um sicherzugehen, daß Sie nicht mehr Geld aus der Kasse entnehmen, als Sie überhaupt verauslagt haben.

Wegen dieses Verhaltens mahnen wir Sie ab und weisen Sie darauf hin, daß wir bei erneutem Vertragsverstoß das Arbeitsverhältnis – auch fristlos – kündigen werden. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Vertragsverstoß durch Sie oder Ihren Ehemann begangen wird, denn bei dem Arbeitsverhältnis zwischen Ihnen, Ihrem Ehemann und dem Jugendherbergswerk handelt es sich, wie das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt festgestellt hat, um ein Gruppenarbeitsverhältnis. Das heißt, das Vertragsverhältnis kann bereits dann gekündigt werden, wenn lediglich einem der beiden Gruppenmitglieder ein derartiger Vertragsverstoß zur Last fällt.

(Vorsitzender)

(Geschäftsführer)”

Mit Schreiben v...

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