Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses einer Zustellerin. Voraussetzung des Sachgrundes der Vertretung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Sachgrund der Vertretung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG) liegt vor, wenn der Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt wird, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Dabei ist nicht notwendige Voraussetzung für eine Vertretung, dass der befristet zur Vertretung eingestellte Arbeitnehmer die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Jedoch muss sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers entsteht.

2. Teil des Sachgrundes der Vertretung ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs. Die Prognose hat sich darauf zu beziehen, dass der zu vertretende Mitarbeiter seinen Dienst wieder antreten wird, wobei es nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt mit der Rückkehr zu rechnen ist.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 22.05.2013; Aktenzeichen 3 Ca 2799/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.08.2016; Aktenzeichen 7 AZR 41/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 22. Mai 2013 - 3 Ca 2799/12 - wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 28. August 2012.

Die Klägerin war bei der Beklagten in der Zeit vom 19. November 2008 bis zum 30. September 2011, vom 19. Oktober 2011 bis zum 5. Februar 2012 und vom 29. Mai 2012 bis zum 28. August 2012 aufgrund von insgesamt acht befristeten Arbeitsverträgen als Zustellerin beschäftigt. Die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin betrug zuletzt 38,5 Stunden bei einem monatlichen Grundentgelt in Höhe von 1.833,39 € brutto.

Nach dem letzten zwischen den Parteien am 28. Juni 2012 für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis - längstens - zum 28. August 2012 geschlossenen Arbeitsvertrag wurde die Klägerin "zur Vertretung wegen vorübergehender Abwesenheit des Mitarbeiters .... als vollbeschäftigte Arbeitnehmerin befristet weiterbeschäftigt. Die Arbeitnehmerin ....., die als Briefzustellerin im Zustellstützpunkt Magdeburg der Beklagten beschäftigt ist und im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten befristeten Arbeitsvertrages der Parteien seit mehreren Monaten arbeitsunfähig infolge Krankheit war, hatte der Beklagten im Juni 2012 mitgeteilt, dass sich ihre Genesung um mehrere Wochen verzögern wird. Deshalb konnte die Betriebsleiterin des Zustellstützpunktes mit Leitungsfunktion (ZSPL) Magdeburg, Frau.... unter Berücksichtigung der durchzuführenden Wiedereingliederungsmaßnahmen für die Arbeitnehmerin .... mit der Wiederaufnahme der Zustelltätigkeit durch diese vor Ende August 2012 nicht mehr rechnen.

Die Klägerin hat zur Begründung der am 12. September 2012 beim Arbeitsgericht Magdeburg erhobenen Befristungskontrollklage ausgeführt, die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 28. August 2012 sei durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt, da die Voraussetzungen der in § 14 Abs. 1 TzBfG angeführten Regelbeispiele nicht vorlägen. Darüber hinaus stelle sich die letzte Befristung unter Berücksichtigung der Gesamtdauer ihrer befristeten Beschäftigungen, der Anzahl der befristeten Arbeitsverträge, der Kontinuität der von ihr ausgeübten Tätigkeit und der Tatsache, dass die Beklagte einen dauerhaften Vertretungsbedarf habe, den sie mit befristeten Arbeitsverträge decke, als rechtsmissbräuchlich dar. Die Beklagte sei nicht in der Lage, das Arbeitspensum im Bereich der Zustellung mit dem vorhandenen Stammpersonal zu erledigen. Der dauerhafte Bedarf der Beklagten an ihrer Beschäftigung als Zustellkraft manifestiere sich auch in der Tatsache, dass die Beklagte nach dem 28. August 2012 insgesamt weitere 115 befristete Einstellungen von Zustellkräften vorgenommen und in den Bereichen ..........insgesamt 155 Zustellerinnen unbefristet eingestellt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das zuletzt am 28.06.2012 begründete Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung bis zum 28.08.2012 nicht beendet worden ist, sondern über den 28.08.2012 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Grund für die Befristung des letzten Arbeitsvertrages der Klägerin bis zum 28. August 2012 sei die Vertretung der vorübergehend abwesenden Arbeitnehmerin .......... gewesen. Der durch den krankheitsbedingten Ausfall dieser Arbeitnehmerin eingetretene Vertretungsbedarf sei zu umfangreich gewesen, als dass er mit den Vertreter...

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