Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Urteil vom 20.06.1996; Aktenzeichen 4 Ca 5387/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil desArbG Magdeburg vom20.06.1996 – 4 Ca 5387/95 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das ArbG zurück verwiesen.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt eine Bildungsakademie und verlangt von dem Beklagten, der bei ihr als Lehrer beschäftigt war, Zahlung einer Vertragsstrafe sowie Rückzahlung von Ausbildungskosten aus verschiedenen Lehrgängen. Die Gesamtforderung der Klägerin ergibt sich wie folgt:

Vertragsstrafe gemäß § 8 des Änderungsarbeitsvertrages

5.000,00

DM

Rückzahlung von Lehrgangskosten gemäß Fortbildungsvertrag vom 29.05.1992

803,00

DM

Rückzahlung von Lehrgangskosten gemäß Fortbildungsvertrag vom 23.10.1992

630,00

DM

Rückzahlung von Lehrgangskosten gemäß Fortbildungsvertrag vom 27.06.1992

575,00

DM

Rückzahlung von Lehrgangskosten gemäß Fortbildungsvertrag vom 27.06.1992

340,00

DM

Rückzahlung von Prüfungskosten gemäß Fortbildungsvertrag vom 05.01.1993

152,50

DM

Rückzahlung von Lehrgangskosten gemäß Fortbildungsvertrag vom 21.05.1993

2.402,25

DM

Gesamt

9.903,41

DM.

Der Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der einmonatigen Kündigungsfrist zum 31.01.1994 beendet. Unter dem 04.03.1994 unterzeichnete er eine von der Klägerin formulierte „Quittung I” (Bl. 35 d.A.), in der es heißt:

„Das in der Abrechnung erhaltene Gehalt sowie der Urlaubsabgeltung werden gegen die Rückzahlungsforderungen der BAP (= Beklagte) aufgerechnet.”

Die Gehaltsansprüche des Beklagten betrugen zu diesem Zeitpunkt unstreitig 2.551,93 DM netto.

Nachdem das Arbeitsgericht die Parteien mit Schreiben vom 19.04.1996 (Bl. 51 d.A.) vergeblich zur Darlegung aufgefordert hat, welche Rückzahlungsforderungen die Klägerin nach Verrechnung mit den restlichen Gehaltsansprüchen des Beklagten noch im einzelnen geltend macht, hat die Klägerin im Termin zur letzten mündlichen Verhandlung die Klage in Höhe der aufgerechneten Nettogehaltsansprüche (2.551,93 DM) zurückgenommen.

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.351,48 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.01.1995 zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Mit Urteil vom 20.06.1996 hat das Arbeitsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß es an der hinreichend bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes der jeweils erhobenen Klageansprüche gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO fehle. Die Klägerin hätte nach der teilweisen Klagerücknahme entweder die einzelnen Klageansprüche in genauen Teilbeträgen neu beziffern oder aber eine Staffelung der verschiedenen Klageansprüche in Haupt- und Hilfsanträge vornehmen müssen.

Gegen das ihr am 22.07.1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 20.08.1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 17.09.1996 begründet. Sie macht geltend, daß das Arbeitsgericht die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen habe, da die teilweise Klagerücknahme auf der Aufrechnung mit unstreitigen Gegenansprüchen des Beklagten beruhte.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts zulässig. Gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 538 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO war das Urteil des Arbeitsgerichts daher aufzuheben und der Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen, da eine weitere Verhandlung erforderlich ist. § 68 ArbGG steht nicht entgegen (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG 2. Aufl. § 68 Rz. 8 m.w.N.).

Klageantrag und Klagegrund sind hinreichend bestimmt i. S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei verständiger Auslegung des Klagebegehrens ergibt sich, daß der Kläger die im einzelnen bezifferten Teilbeträge allesamt einklagt unter Abzug der sich aus der Aufrechnung vom 04.03.1994 mit der unstreitigen Gegenforderung in Höhe von 2.591,93 DM ergebenden Minderung. Wie sich die Aufrechnung auf die einzelnen Teilansprüche auswirkt, ergibt sich aus dem Gesetz, und war daher vom Gericht bei verständiger Würdigung und Auslegung des Klagebegehrens zugrundezulegen. Die grundsätzlich berechtigte Erwägung des Arbeitsgerichts, daß sich bei fehlender Klarstellung der Klägerin der Umfang der Rechtskraft einer Entscheidung nicht bestimmen läßt, greift daher im konkreten Fall ausnahmsweise nicht.

Der unstreitigen Aufrechnungsforderung des Beklagten gegen die Klägerin (2.551,93 DM) standen mehrere zur Aufrechnung geeignete streitige Forderungen der Klägerin gegenüber, ohne daß bei der Aufrechnung bestimmt worden ist, gegen welche Forderung aufgerechnet werden soll.

In diesem Fall wird gemäß §§ 396 Abs. 1 Satz 2, 366 Abs. 2 BGB zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet,...

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