Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsvertragliche Nebenpflicht der Arbeitgeberin zur Umsetzung eines Antrags der Arbeitnehmerin zur Beitragsfreistellung der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Für den Arbeitgeber besteht eine vertragliche Nebenpflicht, einen Antrag des Arbeitnehmers, die betriebliche Altersversorgung beitragsfrei zu stellen, ggü. dem Träger der betrieblichen Altersversorgung umzusetzen, wenn dies für den Arbeitgeber nicht mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden ist.

 

Normenkette

BGB § 241 Abs. 2, §§ 611a, 613a Abs. 1 Sätze 1-2; BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 01.04.2015; Aktenzeichen 5 Ca 1470/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.05.2019; Aktenzeichen 3 AZR 274/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 01.04.2015 - 5 Ca 1470/14 - teilweise hinsichtlich der Anträge zu 3. und 4. aus dem Schriftsatz vom 17.12.2014 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.715,48 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.268,61 EUR seit dem 19.11.2015 auf weitere 446,87 EUR seit dem 11.11.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klagerweiterung im Antrag zu 5. aus der Berufungsbegründung abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 01.04.2015 - 5 Ca 1470/14 - einschließlich der Klagänderungen in den Anträgen zu 1. bis 4. der Berufungsbegründung zurückgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 90%, die Beklagte trägt 10%.

IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit 01.04.2011 als Fachschwester für Anästhesie und Intensivmedizin in dem seit 01.11.2013 von der Beklagten betriebenen Krankenhaus K, H tätig. Sie ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.

Ursprünglich befand sich das besagte Krankenhaus in der Trägerschaft des Landkreises O. Im Jahr 2007 übernahm die S GmbH (im Folgenden: S GmbH) diesen Betrieb.

In dem zwischen der Klägerin und der S GmbH am 07.02.2011 geschlossenen Arbeitsvertrag (Bl. 5 ff. d.A.) heißt es u.a.:

"§ 2 Tarifgeltung, Betriebsvereinbarungen

1. Soweit nicht der vorliegende Arbeitsvertrag abweichende Regelungen enthält, finden diejenigen jeweils einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, an die die Arbeitgeberin durch eigenen Abschluss, ungekündigte Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband oder Allgemeinverbindlichkeit jeweils gebunden ist und solange die Tarifbindung besteht. Dies sind derzeit folgende Tarifverträge:

- Mantel-Konzem-Tarifvertrag für die Funktionsbereiche Medizinische Heil-, Fach- und Hilfsberufe, Wirtschaft und Infrastruktur in Einrichtungen der Unternehmensgruppe S Kliniken AG

- Entgelt-Konzern-Tarifvertrag für die Funktionsbereiche Medizinische Heil-, Fach- und Hilfsberufe, Wirtschaft und Infrastruktur in Einrichtungen der Unternehmensgruppe S Kliniken AG

- Konzern- Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung für die Funktionsbereiche Medizinische Heil-, Fach- und Hilfsberufe, Wirtschaft und Infrastruktur in Einrichtungen der S Kliniken AG

- Konzern - Tarifvertrag zu Beruf, Familie und Gesundheitsförderung für die Funktionsbereiche Medizinische Heil-, Fach- und Hilfsberufe, Wirtschaft und Infrastruktur in Einrichtungen der S Kliniken AG

Haus-/Firmen-/Konzerntarifverträge gehen hierbei jeweils als speziellere Tarifverträge Flächen-/Verbandstarifverträgen vor.

2. Endet oder entfällt die Bindung der Arbeitgeberin an die Tarifverträge und begründet die Arbeitgeberin keine neue Tarifbindung im Sinne der Ziff. 1., so gelten die bis dahin durch die Bezugnahme anwendbaren Tarifverträge mit dem Inhalt weiter, den sie bei Ende der Tarifbindung des Arbeitgebers haben. In diesem Fall besteht kein Anspruch auf die Weitergabe künftiger Tarifentwicklungen.

3. Die vorstehenden Ziffern bezwecken die Gleichstellung der nicht gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter mit den in der tarifvertragschließenden Gewerkschaft organisierten Mitarbeitern, soweit und solange die Arbeitgeberin selbst tarifgebunden ist.

4. Bestimmungen aus bestehenden, ungekündigten oder künftigen Betriebsvereinbarungen gehen den Regelungen des Arbeitsvertrages vor, soweit nicht der jeweilige Regelungsgegenstand durch einen nach den vorstehenden Ziffern anwendbaren Tarifvertrag abschließend geregelt ist.

Die Sana GmbH wiederum übertrug das vorgenannte Krankenhaus im Wege eines sog. Asset-Deals zum 01.11.2013 auf die Beklagte. Diese wendet seit der Übernahme den "Haustarifvertrag (mit weitergeltenden Regelungen aus dem BAT-O)" - im Folgenden: A-Haus-TV (Bl. 33 ff. d.A.) - aus dem Jahr 2005 an. Dieser Haustarifvertrag bezog sich ursprünglich auf das von der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt betriebene Fachkrankenhaus in der K. Für das vorgenannte Fachkrankenhaus und das Krankenhaus K besteht eine einheitliche personelle Leitung.

Die Klägerin hatte mit der S G...

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