Entscheidungsstichwort (Thema)

ERA-Strukturkomponente

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch bei den nach § 4c des Tarifvertrags ERA-Anpassungsfonds zu leistenden ERA-Strukturkomponenten, handelt es sich, wenn sie ausgezahlt werden, letztlich um eine Gegenleistung für die von dem Arbeitnehmer während eines bestimmten Zeitraums erbrachte Arbeitsleistung.

2. Dass nach § 4c des Tarifvertrags ERA-Anpassungsfonds die Zahlung in Form einer Einmalzahlung zu leisten ist, führt nicht dazu, dass damit eine Einmalzahlung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn gemeint ist.

3. Wird vor der Fälligkeit eines Anspruchs das Insolvenzverfahren eröffnet, gelten noch nicht fällige Forderungen als fällig (§ 41 Abs. 1 InsO), sie werden als fällig fingiert. Durch diese Regelung wird die Fälligkeit von Forderungen auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorverlegt.

 

Normenkette

Tarifvertrag ERA-Anpassungsfonds § 4c

 

Verfahrensgang

ArbG Neunkirchen (Urteil vom 09.12.2010; Aktenzeichen 4 Ca 645/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.11.2012; Aktenzeichen 5 AZR 778/11)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 9. Dezember 2010 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Neunkirchen (4 Ca 645/10) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte auch für die ersten drei Monate des Jahres 2009 ein Anspruch auf Auszahlung der ERA-Strukturkomponente nach § 4 c des „Tarifvertrages ERA-Anpassungsfonds” in Form einer Einmalzahlung zusteht.

Der Kläger war seit 1975 bei der W. GmbH & Co KG beschäftigt. Über deren Vermögen wurde mit einem Beschluss des Amtsgerichts B. vom 1. April 2009 (Blatt 13 und 14 der Akten) das Insolvenzverfahren eröffnet, nachdem das Amtsgericht B. bereits zuvor, nämlich mit einem Beschluss vom 13. Januar 2009 (Blatt 11 und 12 der Akten), nach § 21 Absatz 2 Ziffer 1 der Insolvenzordnung die vorläufige Verwaltung des Vermögens der W. GmbH & Co KG durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter angeordnet hatte. Im September 2009 erwarb die Beklagte den Betrieb. Sie hat an den Kläger – und an 282 weitere Arbeitnehmer – die ERA-Strukturkomponente in Form einer Einmalzahlung nach § 4 c des „Tarifvertrages ERA-Anpassungsfonds” anteilig für die Monate April bis Dezember 2009 ausgezahlt. Der Kläger beansprucht diese Leistung auch für die Monate Januar bis März 2009.

Auf das Arbeitsverhältnis sind die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes anwendbar. Nach dem „Tarifvertrag zur Einführung des Entgeltrahmenabkommens für die Metall- und Elektroindustrie (ERA-ETV)” sollte das Entgeltrahmenabkommen, das eine neue Vergütungsstruktur vorsah, bis spätestens zum Ablauf des Jahres 2008 in den Betrieben eingeführt werden. Die W. GmbH & Co KG hatte das Entgeltrahmenabkommen, bevor sie in Insolvenz ging, nicht eingeführt. Die Beklagte beabsichtigt, das Entgeltrahmenabkommen einzuführen.

In dem „Tarifvertrag ERA-Anpassungsfonds” vom 17. Februar 2004 heißt es auszugsweise:

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Präambel

Der ERA-Anpassungsfonds dient der Sicherstellung eines gleitenden Übergangs vom heutigen Tarifsystem auf das ERA-Entgeltsystem für alle Beteiligten. Insbesondere sollen durch die vorübergehende Einbehaltung nicht ausgezahlter ERA-Strukturkomponenten und deren spätere Verwendung entweder

  • zum Ausgleich von betrieblichen Kosten, die eine bestimmte Schwelle überschreiten,

    oder

  • zur unmittelbaren Auszahlung an die Beschäftigten nach der betrieblichen ERA-Einführung

spätere Verwerfungen bei der Umstellung vermieden werden.

§ 3

Aufbau und Verwendung des ERA-Anpassungsfonds

In den Tarifverträgen über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes vom 28. Mai 2002 und vom 17. Februar 2004 wurden die Erhöhungen des Tarifvolumens auf zwei Komponenten verteilt. Eine Komponente dient der dauerhaften Erhöhung der Tabellenwerte der jeweiligen Entgelte (Löhne und Gehälter „lineares Volumen”). Die andere Komponente („restliches Erhöhungsvolumen”) fließt in ERA-Strukturkomponenten, die in der ersten Tarifperiode ausgezahlt, in den folgenden Tarifperioden jedoch noch nicht fällig werden.

In diesen Tarifverträgen vom 28. Mai 2002 und vom 17. Februar 2004 wurde eine Erhöhung des Tarifvolumens um zunächst insgesamt 4 % ab 1. Juni 2002, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 3,1 %, ab 1. März 2004 um 2,2 % und ab 1. März 2005 um weitere 2,7 % vereinbart. Diese Erhöhungen wurden jeweils wie folgt auf die zwei Komponenten verteilt:

Mit Wirkung ab 1. Juni 2002 wurden die Entgelte (Löhne und Gehälter) um weitere 3,1 % erhöht, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 2,6 %. Sodann wurden mit Wirkung ab 1. März 2004 die Entgelte (Löhne und Gehälter) um weitere 1,5 % erhöht, mit Wirkung ab 1. März 2005 um weitere 2,0 %.

Das jeweilige restliche Erhöhungsvolumen von 0,9 %, 0,5 %, 0,7 % und weiteren 0,7 % fließt in ERA-Strukturkomponenten und wird in der Tarifperiode, in der sie erstmals entstanden sind, zunächst...

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