Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Verdienstsicherung für leistungsgeminderte ältere Beschäftigte. unbegründete Zahlungsklage bei zeitlicher Beschränkung der Arbeitstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Setzt ein tariflicher Anspruch auf Verdienstsicherung voraus, dass Beschäftigte wegen der Minderung ihrer Leistungsfähigkeit nicht nur vorübergehend gehindert sind, ihre bisherige Tätigkeit ausüben oder in dieser die bisherige Leistung zu erbringen, und würden sie hierdurch eine Verdienstminderung erleiden, gilt diese Regelung nicht für den Fall, dass ein Beschäftigter an seinem bisherigen Arbeitsplatz mit den bisher von ihm ausgeführten Arbeiten weiterhin beschäftigt werden kann, aus gesundheitlichen Gründen jedoch nicht innerhalb der Nachtschicht sondern nur noch während der Tagschicht.

2. Unter einer Tätigkeit versteht man nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, wenn es um eine berufliche Tätigkeit geht, die Gesamtheit derjenigen Verrichtungen, mit denen jemand in Ausübung seines Berufes zu tun hat; angeknüpft wird mit diesem Begriff allein an bestimmte Verrichtungen oder Handlungen und damit an die konkrete Arbeitsaufgabe des Beschäftigten unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Arbeitsaufgabe erfüllt wird.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1; TV Verdienstsicherung § 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Neunkirchen (Entscheidung vom 16.01.2012; Aktenzeichen 3 Ca 1000/11)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 16. Januar 2012 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Neunkirchen (3 Ca 1000/11) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger beansprucht von der Beklagten Zahlungen aufgrund eines Tarifvertrages über die Verdienstsicherung für leistungsgeminderte ältere Beschäftigte.

Der Kläger ist seit dem 2. März 1998 bei der Beklagten als Maschinenbediener beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifbindung der "Tarifvertrag über Verdienstsicherung für leistungsgeminderte ältere Beschäftigte" (Tarifvertrag Verdienstsicherung) Anwendung, und zwar in der Fassung, die für Betriebe gilt, die das Entgeltrahmenabkommen eingeführt haben. Dieser Tarifvertrag wurde am 8. Dezember 2005 von dem Verband der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes einerseits und der Industriegewerkschaft Metall, Bezirksleitung Frankfurt, andererseits geschlossen. In Kraft getreten ist der Tarifvertrag zum 1. Januar 2006. Die §§ 1 bis 5 dieses Tarifvertrages haben folgenden Wortlaut:

"§ 1

Geltungsbereich

Für diesen Tarifvertrag gilt der gleiche räumliche, fachliche und persönliche Geltungsbereich wie in § 1 des Manteltarifvertrages der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes vom 20. Juli 2005 in seiner jeweils gültigen Fassung.

§ 2

Anspruchsvoraussetzungen der Verdienstsicherung

1. Beschäftigte

- die das 55. Lebensjahr vollendet und dem Unternehmen zu diesem Zeitpunkt mindestens 10 Jahre ununterbrochen angehört haben

- und die wegen Minderung ihrer Leistungsfähigkeit nicht nur vorübergehend gehindert sind, ihre bisherige Tätigkeit auszuüben oder in dieser die bisherige Leistung zu erbringen

- und hierdurch Verdienstminderung erleiden würden,

haben auf Antrag Anspruch auf Verdienstsicherung.

2. Diese kann - unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen - erfolgen durch

a) Versetzung auf einen anderen, die bisherige Verdiensthöhe sichernden, zumutbaren Arbeitsplatz, der die geminderte Leistungsfähigkeit berücksichtigt,

b) Verdienstausgleich.

3. Die Antragstellung schließt die Zustimmung des Beschäftigten zur Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, zum Wechsel des Entgeltgrundsatzes und ggf. auch zur Umgruppierung ein.

Der Antrag auf Verdienstsicherung ist schriftlich zu stellen; der Anspruch auf die Verdienstsicherung entsteht mit Beginn des auf die Antragstellung folgenden Entgeltabrechnungszeitraums.

Hat ein Beschäftigter Verdienstausgleich erhalten, so kann er bei einem erneuten Antrag keinen höheren Verdienstausgleich erlangen.

§ 3

Höhe des Verdienstausgleiches

Der Verdienstausgleich besteht aus dem Geldbetrag, der der Differenz zwischen 95 % des bisherigen Verdienstes und dem Verdienst entspricht, den der anspruchsberechtigte Beschäftigte nach Durchführung der Verdienstsicherungsmaßnahme ohne diesen Ausgleich erhalten hätte.

Der Verdienstausgleich darf nicht dazu führen, dass der Beschäftigte einen höheren Verdienst erhält, als er erhalten würde, wenn er nicht leistungsgemindert wäre.

§ 4

Berechnung des Vergleichsentgelts

1. Der Berechnung des bisherigen Verdienstes ist zugrunde zu legen:

Das Bruttomonatsentgelt zum Zeitpunkt der Antragstellung zuzüglich des Durchschnitts der ständigen Zuschläge für Schicht-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit und ständigen Funktionszulagen (z.B. Montage-, Gießerei-, Erschwerniszulagen) der letzten abgerechneten zwölf Monate oder der diesem Zeitraum entsprechenden Entgeltabrechnungsperioden vor Antragstellung (Urlaubs-, Krankheits- oder andere Zeiten, für di...

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