Entscheidungsstichwort (Thema)

Haushaltsmittel. Befristung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Unternehmer, dem Drittmittel zur Erfüllung sozialstaatlicher Aufgaben für einen bestimmten Zeitraum bewilligt werden, darf das unternehmerische Risiko, ob es nach Ablauf dieses Zeitraums zu einer Anschlussfinanzierung kommt, weder durch die Vereinbarung einer Befristung noch durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung auf den Arbeitnehmer abwälzen, wenn es nicht bloß um ein zeitlich begrenztes Objekt geht, sondern um eine staatliche Daueraufgabe.

 

Normenkette

TzBfG § 21

 

Verfahrensgang

ArbG Neunkirchen (Urteil vom 16.02.2006; Aktenzeichen 3 Ca 1747/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird das am16. Februar 2006 verkündeteUrteil des Arbeitsgerichts Neunkirchen (3 Ca 1747/05) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31. Dezember 2005 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht, das nicht endet, wenn das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Saarlandes die Förderung des Projektes Mobile und Technische Wohnraumhilfe aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds nicht genehmigt.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die im Jahre 1961 geborene Klägerin ist seit 1998 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte, eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, beschäftigt sich unter anderem mit der Qualifizierung von Arbeitslosen. Eines der Projekte, das zu diesem Zweck von der Beklagten verfolgt wird, ist das Projekt „Mobile technische Wohnraumhilfe”. Im Rahmen dieses Projekts wurde die Klägerin seit Beginn ihrer Beschäftigung im Jahre 1998 eingesetzt. Qualifiziert wurden in diesem Projekt jeweils 30 Personen mit Migrationshintergrund. In einem ersten Teil lernten sie die deutsche Sprache. In einem zweiten fachpraktischen Teil waren sie damit befasst, von der Obdachlosenbehörde verwaltete Wohnungen zu sanieren. Das Projekt wurde durch Drittmittel gefördert, die bis Ende 2004 zum einen Teil, nämlich hinsichtlich der Löhne der Teilnehmer, von dem Stadtverband und zum anderen Teil, nämlich hinsichtlich der übrigen Kosten, insbesondere der Kosten der von der Beklagten eingesetzten Lehrkräfte und Arbeitsanleiter, von dem saarländischen Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds zur Verfügung gestellt wurden.

Beschäftigt war die Klägerin zunächst aufgrund befristeter Arbeitsverträge. Am 30. November 2000 schloss die Klägerin mit der Beklagten für die Zeit ab dem 1. Dezember 2000 einen unbefristeten Arbeitsvertrag (Blatt 9 bis 13 der Akten). Darin heißt es, die Klägerin werde als Lehrerin zur Durchführung projektbezogener Aufgaben im Projekt „… – Wohnraumhilfe” eingestellt, das Arbeitsverhältnis sei unbefristet.

Im Oktober 2004 übersandte die Beklagte der Klägerin ein vom 4. Oktober 2004 datierendes Schreiben (Blatt 14 der Akten), in dem es unter anderem heißt:

”… wir beziehen uns auf den mit Ihnen geschlossenen Arbeitsvertrag und teilen Ihnen mit, dass dieser zum 31.12.2004 projektbezogen ausläuft.

Für Ihren weiteren beruflichen Werdegang wünschen wir Ihnen viel Erfolg.”

Am 29. November 2004 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag (Blatt 15 bis 20 der Akten). Der erste Absatz der Ziffer 1 von § 1 dieses neuen Arbeitsvertrages hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

”Die Arbeitnehmerin wird ab 01.01.2005 als Lehrerin für die Begleitung, Betreuung und Bildungsarbeit der Teilnehmer/innen des Projektes „Mobile technische Wohnraumhilfe” bei der Gesellschaft … beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis ist direkt an das Projekt Mobile Technische Wohnraumhilfe gebunden und endet, ohne dass es einer schriftlichen Kündigung bedarf, wenn das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Saarlandes die Förderung des Projektes aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds nicht genehmigt.

Im Rahmen der Projektförderung trägt der Europäische Sozialfond die anfallenden Personalkosten für die Frau O..”

Bei Frau O. handelt es sich um die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits.

Mit einem Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 11. Oktober 2005 (Blatt 21 bis 22 der Akten) ließ die Klägerin alle von ihr im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages vom 29. November 2004 abgegebenen Willenserklärungen anfechten. Zur Begründung wird in dem Schreiben darauf verwiesen, dass der Klägerin gegenüber fälschlich so getan worden sei, als ob das mit der Beklagten bestehende unbefristete Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2004 ende. Diese Darstellung sei irreführend und täuschend gewesen. Nur deshalb habe die Klägerin auf Drängen der Beklagten hin den nunmehr befristeten Arbeitsvertrag vom 29. November 2004 geschlossen.

Im Dezember 2005, als bereits das Verfahren erster Instanz in dem vorliegenden Rechtsstreit lief, bot die Beklagte der Klägerin den Abschluss eines neuen befristeten Arbeitsvertrages für die Zeit vom 1. Januar ...

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