Entscheidungsstichwort (Thema)

Provisionsrückzahlung. Rückzahlung von Provisionsvorschüssen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Handelsvertreterverhältnis wegen zu geringer Verdienstmöglichkeiten des Handelsvertreters nichtig ist oder nicht, muss berücksichtigt werden, dass ein Handelsvertreter ein selbstständig Gewerbetreibender ist und somit regelmäßig selbst das Risiko trägt, ob seine Tätigkeit verdienstbringend ist oder nicht. Die Sittenwidrigkeit eines Handelsvertretervertrags kommt nur in Betracht, wenn ein Gewinn infolge besonders harter Vertragsbedingungen in keinem Fall hätte herausgewirtschaftet werden können, so dass dem Unternehmer einseitig und unangemessen ein Vorteil zufließt, den er redlicherweise nicht beanspruchen kann.

2. Provisionsvorschüsse sind grundsätzlich zurückzuzahlen, sofern die tatsächlich verdienten Provisionen diese Provisionsvorschüsse nicht erreichen.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 305c, 307, 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 16.05.2007; Aktenzeichen 4 Ca 2371/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.05.2007, Az.: 4 Ca 2371/06 abgeändert:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Hannover vom 22.08.2006, Az.: 14 O 265/06 bleibt aufrecht erhalten.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt mit Ausnahme der durch die Anrufung des im Rechtsweg unzuständigen Landgerichts Hannover verursachten Kosten, die die Klägerin zu tragen hat, der Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte, der bei der Klägerin auf der Grundlage des Vertrages vom 21./25.10.2004 als freier Bausparkassenvertreter beschäftigt war, verpflichtet ist, an die Klägerin Provisionsvorschüsse in Gesamthöhe von 6.041,40 EUR zurückzuzahlen.

Wegen der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.05.2007, Az: 4 Ca 2371/06 (Bl. 174 ff. d. A.).

Nachdem zunächst das Landgericht Hannover mit Versäumnisurteil vom 22.08.2006 den Beklagten verurteilt hat, an die Klägerin 6.041,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2005 zu zahlen, hat das Landgericht Hannover nach fristgerechtem Einspruch des Beklagten den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Mainz verwiesen. Dieses hat durch das genannte Urteil das Versäumnisurteil des Landgerichts Hannvoer aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht – zusammengefasst – ausgeführt, nach der tatsächlichen Vertragsdurchführung sei der Beklagte als Arbeitnehmer anzusehen. Es komme entscheidend darauf an, ob der Beschäftigte einen unternehmerischen Entscheidungsspielraum habe, was bei dem Beklagten nicht der Fall gewesen sei. Der Vertrag der Parteien sei nach § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, da unter Berücksichtigung der Arbeitnehmereigenschaft des Beklagten ein besonders auffälliges Missverhältnis zu Leistung und Gegenleistung bestehe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 09.07.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 02.08.2007 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 10.09.2007 begründet. Nach Maßgabe dieses Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 206 ff. d. A.), führt die Beklagte zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen aus: Das Arbeitsgericht sei bei der Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom unselbständigen Angestellten von unzutreffenden, nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Einklang stehenden Kriterien ausgegangen. Der Beklagte sei in seiner Arbeitszeitgestaltung im Wesentlichen frei gewesen. Soweit der Beklagte darauf verweise, dass er in der Anfangszeit ab 9.00 Uhr täglich ins Büro in B. bestellt worden sei, ergebe sich bereits aus diesem Sachvortrag, dass für die gesamte Dauer des Vertragsverhältnisses gerade keine zeitlichen Vorgaben existierten. Zu berücksichtigen sei im Übrigen, dass im Hinblick auf die Unterstützungsverpflichtung der Klägerin nach § 86 a HGB in der Anfangszeit eines Handelsvertretervertragsverhältnisses bestimmte zeitliche Absprachen getroffen worden seien. Ebenso habe der Beklagte seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten können, wie sich dies aus § 1 Abs. 2 des Handelsvertretervertrages ergebe. § 4 Ziffer 1 des Vertrages enthalte lediglich eine deklaratorische Wiedergabe des ohnehin geltenden vertraglichen Wettbewerbsverbots. Die Notwendigkeit einer gewissen Ausbildung des Beklagten stehe der Annahme einer im wesentlichen freien Tätigkeitsgestaltung nicht entgegen, sondern entspreche vielmehr den Verpflichtungen gemäß § 86 a HGB. Zu berücksichtigen sei insoweit auch, dass das Vertragsverhältnis nur kurz bestanden habe. Da somit der Beklagte selbständiger Handelsvertrete...

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