Entscheidungsstichwort (Thema)

Benachteiligung. Benachteiligung, geschlechtsbezogene. Diskriminierung. Schadensersatz. Stellenanzeige. Vermutung. Geschlechtsbezogene Benachteiligung

 

Leitsatz (redaktionell)

Verstößt ein Arbeitgeber bei Ausschreibung einer Stelle gegen die Verpflichtung zur geschlechtsneutralen Ausschreibung, so hat der Arbeitgeber die Vermutung der Benachteiligung des abgelehnten Bewerbers wegen des Geschlechts zu entkräften (im Anschluss an BAG, Urteil vom 05.02.2004 – 8 AZR 112/03).

 

Normenkette

BGB § 611a Abs. 3, § 611b

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 16.11.2004; Aktenzeichen 5 Ca 798/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 16.11.2004 – 5 Ca 798/04 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Entschädigungsleistung wegen einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung.

Der Beklagte, der ein Autohaus mit zehn Mitarbeitern betreibt, veröffentlichte am 21.02.2004 in der S. Zeitung eine Stellenanzeige, in der er eine Assistentin der Geschäftsleitung/Automobilverkäuferin suchte. Zur näheren Darstellung wird auf die Stellenanzeige (Bl. 6 d.A.) im Einzelnen Bezug genommen.

Der Kläger, ein gelernter Kaufmann in der Wohnungs- und Grundstückswirtschaft, bewarb sich mit Schreiben vom 25.02.2004 vergeblich auf diese Stelle; der Beklagte hat ihm mit Schreiben vom 05.03.2004 die Bewerbungsunterlagen zurückgeschickt.

Mit Schreiben vom 31.03.2004 forderte der Kläger von dem Beklagten Schadensersatz gemäß § 611 a BGB mit dem Hinweis, es habe sich um eine geschlechtsbezogene Stellenanzeige gehandelt, so dass er als abgelehnter Bewerber einen Entschädigungsanspruch verlangen könne. Nachdem der Beklagte dieses Verlangen zurückgewiesen hatte, hat der Kläger am 07.04.2004 das vorliegende Klageverfahren eingeleitet.

Der Kläger hat vorgetragen:

Der Beklagte habe ihn in der Stellenanzeige geschlechtsbezogen benachteiligt. Aufgrund seiner Vorbildung sei er für die Assistentenstelle geeignet gewesen. Es stehe ihm daher zumindest eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern zu, wobei für die Position ein Entgelt von 3.000,– EUR pro Monat branchenüblich sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.000,– EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.04.2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er leugnet, den Kläger wegen seines Geschlechtes benachteiligt zu haben. Der Fehler in der Stellenausschreibung habe eine Arbeitsplatzbesetzung erst vorbereitet, sei aber selbst noch keine diskriminierende Maßnahme. Tatsächlich habe er auch einen männlichen Bewerber eingestellt, da dieser unter den insgesamt 68 Bewerbungen aufgrund seiner einschlägigen Ausbildung und seiner langjährigen Erfahrung in der Automobilbranche und seiner EDV-Kenntnisse hervorragend qualifiziert gewesen sei. Der eingestellte Bewerber S. H., der die Meisterprüfung im Kraftfahrzeugmechanikerhandwerk absolviert hat, habe eine monatliche Vergütung von 2.400,– EUR bezogen (Beweis: Arbeitsvertrag vom 05.03.2004, Bl. 34 – 38 d.A.).

Im Übrigen bezweifle er, dass sich der Kläger ernsthaft um die Stelle habe bewerben wollen. Tatsächlich dürfte es ihm um die Erschleichung von Schadensersatz gegangen sein, weil er als einziger der 68 Bewerber nicht ein Arbeitszeugnis seinen Bewerbungsunterlagen beigefügt hatte. Er, der Beklagte, sei zudem wegen der Stellenanzeige am 23.02.2004 abgemahnt worden und habe eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 16.11.2004, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es angegeben, der Beklagte habe den Nachweis geführt, dass der eingestellte Bewerber S. H. für die ausgeschriebene Position hervorragend qualifiziert gewesen sei und dass der Beklagte trotz des Verstoßes zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung letztlich keine geschlechtsdiskriminierende Einstellung vorgenommen habe. Zur näheren Darstellung wir auf die Seiten 4 – 6 dieses Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und in seinem fristgerecht eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz geltend gemacht, das Arbeitsgericht habe die Anspruchsgrundlage von § 611 a Abs. 3 BGB übersehen, wonach eine Entschädigung auch dann zu zahlen sei, wenn der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Allein die geschlechtsdiskriminierende Stellenausschreibung verpflichte zum Schadensersatz. Im Übrigen sei auch er für die ausgeschriebene Stelle geeignet gewesen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.200,– EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das ...

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