Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerbegriff. Arbeitnehmereigenschaft. GmbH-Geschäftsführer. unionsrechtlich und national. Bestandsstreitigkeit: Bestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses. Rechtsverhältnis einer GmbH-Geschäftsführerin bei Weisungsabhängigkeit von beklagter Gesellschafterin. unbegründeter Feststellungsantrag zum Bestand eines Arbeitsverhältnisses bei fehlender Rechtsbeziehung zur Beklagten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Anstellungsverhältnis der GmbH-Geschäftsführerin zur GmbH ist in der Regel nicht Arbeitsverhältnis sondern freies Dienstverhältnis.

2. Hat die Klägerin mit der T.-GmbH einen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag abgeschlossen, nach dessen Inhalt ausdrücklich das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis mit der T.-GmbH als Assistentin der Geschäftsleitung aufgehoben worden ist, und ist das beklagte Verlagshaus Minderheitsgesellschafterin der T.-GmbH, kann ohne eigenständiges Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten auch dann nicht entstanden sein, wenn die Klägerin aufgrund fortgesetzter Weisungen eines Mitarbeiters der Beklagten nicht weisungsfrei hat tätig werden können; selbst wenn ein Mitarbeiter der Beklagten in dieser Funktion in einer Weise gestaltend für die Beklagte tätig war, die über die gesellschaftsrechtlichen Befugnisse als Minderheitsgesellschafter hinaus gingen, führt dies nicht zur Annahme eines Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits.

3. Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zur Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 Abs. 1 AEUV) hat auch nicht im Ansatz den Inhalt, dass aufgrund faktisch gelebter Weisungen ein (weiteres) Arbeitsverhältnis begründet ist, das neben ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis tritt.

 

Normenkette

AEUV Art. 45; ArbGG § 5 Abs. 3; BGB § 84 Abs. 1, § 611 Abs. 1; AEUV Art. 45 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 22.07.2011; Aktenzeichen 1 Ca 2110/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 22.07.2011 - Az.: 1 Ca 2110/10 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Firma T.-GmbH ist ein Dienstleistungsunternehmen, das Zeitungsbeilagen für Verlagsprodukte der Beklagten, eine Tageszeitung erstellt. Die Beklagte ist Gesellschafterin der Firma T.-GmbH. Die Klägerin war seit dem 21.07.1999 bei der Firma T.-GmbH als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung dieser Firma vom 21.01.2003 wurde sie zu deren Geschäftsführerin bestellt. In § 1 Abs. 3 des Geschäftsführervertrages vom 19.02.2003 (vgl. Bl. 17 ff. d. A.) wurde der zuvor bestehende Anstellungsvertrag einvernehmlich mit Wirkung zum 31.01.2003 aufgehoben.

Die Klägerin hat vorgetragen,

die Firma T.-GmbH sei ein mit der Beklagten verbundenes Unternehmen (§ 15 AktG). Sie habe vier Gesellschafter, wobei die Beklagte - unstreitig - nur zu 25 Prozent deren Gesellschafterin sei. Die übrigen Gesellschafter träten in der Praxis nicht in Erscheinung. Alle Gesellschafterbeschlüsse würden im schriftlichen Umlaufverfahren gefasst und erst versandt, wenn die Beklagte sie genehmigt habe. Ihr - der Klägerin - sei nicht genau bekannt, ob die weiteren Gesellschafter deren Anteile nur treuhänderisch hielten oder aber ihre Gesellschaftsrechte an die Beklagte abgetreten hätten. Die Beklagte leite die Geschäfte der Firma T.-GmbH über eigene Führungskräfte; sie, die Klägerin, sei trotz ihrer Geschäftsführerstellung für die T.-GmbH nicht nur deren Arbeitnehmerin gewesen, sondern durch die tatsächliche Praxis sei auch zugleich ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande gekommen.

Sie habe als Geschäftsführerin zu keinem Zeitpunkt ihre Tätigkeiten weisungsfrei ausgeführt, sei in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingegliedert gewesen, habe die betrieblichen Entscheidungen für die T.-GmbH durch die Beklagte hinnehmen müssen, ebenso die Entscheidungen über strategische Käufe von Tochtergesellschaften. Insgesamt haben sich ausschließlich die Beklagte um das operative Geschäft der Tochtergesellschaften gekümmert. Hinsichtlich der weiteren Darstellung der Auffassung der Klägerin im erstinstanzlichen Rechtszug wird auf den streitigen Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Seite 3 bis 5 = Bl. 322 bis 324 d. A.) Bezug genommen.

Insgesamt sei sie für die T.-GmbH tatsächlich nicht als Geschäftsführerin, sondern materiell-rechtlich als Arbeitnehmerin tätig geworden. Im Übrigen sei sie letztlich wie eine Abteilungsleiterin der Beklagten zu betrachten, so dass auch zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Es treffe nicht zu, wenn die Beklagte behaupte, es handele sich bei ihr um eine neutrale Gesellschaftergruppe, die mit der T.-GmbH nichts zu tun habe. Denn Weisungen habe sie zu keinem Zeitpunkt von der Gesellschafterversammlung der T.-...

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