Entscheidungsstichwort (Thema)

Einseitige Verlängerung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber (§ 14 Abs. 2 DRK-Tarifvertrag.). Feststellung der Arbeitszeit

 

Leitsatz (amtlich)

1.) § 14 II DRK-TV gibt dem Arbeitgeber im Rahmen billigen Ermessens (§ 315 I BGB) die Möglichkeit, die dort vorgesehene Arbeitszeitverlängerung einseitig anzuordnen.

2.) Die in § 14 II 3. Variante DRK-TV beschriebene Voraussetzung zur Verlängerung der Arbeitszeit entspricht inhaltlich dem Begriff des Bereitschaftsdienstes, wie er in der Rechtsprechung des BAG definiert worden ist.

3.) Bereitschaftsdienst stellt keine volle Arbeitsleistung dar. Der Grad der Inanspruchnahme des Arbeitnehmers liegt zwischen dem der Arbeitsbereitschaft und dem der Arbeitsleistung.

4.) Die Anordnung der verlängerten Arbeitszeit verstößt jedenfalls dann nicht gegen den Grundsatz billigen Ermessens, wenn während der Anwesenheitszeit, die nach der tariflichen Regelung als Arbeitszeit gilt, in einem Ausmaß von 20 % bis maximal 39 % tatsächlich Arbeitsleistungen zu erbringen sind.

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 15.10.1993; Aktenzeichen 6 Ca 923/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.01.1996; Aktenzeichen 3 AZR 1030/94)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuz nach – vom 15.10.1993 – 6 Ca 923/93 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers.

Der Kläger ist seit dem 01.03.1981 bei dem Beklagten, zuletzt als Rettungssanitäter in der Rettungswache … beschäftigt. Sein monatliches Bruttoeinkommen beträgt zur Zeit ca. 3.500,00 DM. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 06.02.1981 (Bl 49 – 51 d. A.), in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 30.06.1984 (Bl 52 u. 53 d. A.) und vom 29.03.1988 (Bl. 54 d. A.). Kraft beiderseitiger Tarifbindung sowie einzelvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis die Vorschriften des Tarifvertrages über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes in der Fassung des 12. Änderungstarifvertrages zum DRK-Tarifvertrag (DRK-TV) Anwendung.

Der Kläger arbeitet im Schichtdienst, entweder von 08.00 Uhr bis 16.00 Uhr (Tagschicht) oder von 08.00 Uhr bis 08.00 Uhr (Nachtschicht). Seine Aufgabe besteht darin, den Krankenwagen auf entsprechende Alarmierung durch die Rettungsleitstelle zu den einzelnen Einsätzen zu fahren.

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit in der Rettungswache Oberwesel ist seit jeher gem. § 14 DRK-TV verlängert, zuletzt durch Verfügung vom 05.03.1993 (Bl. 70 d. A.) auf durchschnittlich 54 Stunden wöchentlich.

Mit der am 03.06.1993 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Verlängerung seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 56,5 Stunden bzw. ab 01.01.1993 auf 54 Stunden rechtsunwirksam ist und die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem 01.10.1992 nach § 14 Abs. 2, Variante 2 des DRK-TV mit durchschnittlich 51 Stunden wöchentlich, ab 01.01.1993 49 Stunden zu beschäftigen.

Der Kläger hat als Anlage zur Klageschrift (Bl. 8 – 22 d. A.) eine Aufstellung für die Zeit von März bis August 1992 vorgelegt, die seine Anwesenheitszeiten berücksichtigt, sowie die Zeiten, in denen er tatsächlich gearbeitet hat. Danach hat der Kläger im März 1992 bei 280 Stunden Anwesenheitszeit 85,52 Stunden tatsächlich gearbeitet (30,54 %); im April 1992 bei 260 Anwesenheitsstunden 88,31 Stunden (33,97 %), im Mai 1992 bei 168 Stunden 36,81 Stunden (21,91 %), im Juni 1992 von 200 Stunden Anwesenheitszeiten 55,96 Stunden (27,98 %), im Juli 1992 bei 120 Anwesenheitsstunden 23,76 Stunden (19,80 %), im August 1992 bei 204 Anwesenheitsstunden 61,50 Stunden (30,15 %). Dabei ist zu berücksichtigen, daß im Mai 1992 von 12 Schichten nur neun in der Aufzeichnung enthalten sind, im Juni 1993 von 13 Schichten nur 11. Nach diesen Aufzeichnungen besteht die Arbeitstätigkeit des Klägers insbesondere zunächst im Umziehen auf der Wache, im Check des bzw. der Fahrzeuge, Notfalleinsätzen, dem Aufräumen des Fahrzeuges, gelegentlichen Schreibarbeiten, sowie der Materialergänzung bezüglich des Fahrzeuges.

Der Kläger hat vorgetragen, daß eine Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit nach Variante 3 des § 14 Abs. 2 DRK-TV nur möglich sei, „wenn der Mitarbeiter lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein müsse, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten”. Diese Voraussetzung liege in der Rettungswache … aber nicht vor. Denn ausweislich seiner Arbeitsaufzeichnungen für die Zeit vom März 1992 bis August 1992 habe er neben den einzelnen Einsätzen auch regelmäßig andere Tätigkeiten zu verrichten, z. B. das Fahrzeug zu reinigen und ggf. zu desinfizieren, es regelmäßig zu checken und es mit Medikamenten aufzufüllen. Von einer bloßen Anwesenheit in der Rettungswache …, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzu...

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